Diakonie und Caritas würdigen Zivis

Die letzten Mohikaner

Nach mehr als 50 Jahren Zivildienst in Deutschland sind die letzten "Zivis" am Donnerstag in Berlin von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder verabschiedet worden. Zum Ende des Zivildienstes haben die kirchlichen Wohlfahrtsverbände das Engagement der jungen Männer hervorgehoben. Sie hätten sie zur Entwicklung einer solidarischen Gesellschaft beigetragen, sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher.

 (DR)

"Sie haben dazu beigetragen, dass das Leben vieler Menschen ein kleines bisschen schöner und reicher wird. Dafür möchte ich heute Danke sagen!", sagte Schröder bei der Verabschiedung zusammen mit dem Bundesbeauftragten für den Zivildienst, Jens Kreuter. Nach Aussetzung der Wehrpflicht läuft auch der Zivildienst zum Jahresende aus.



Über 50 Jahre Zivildienst in Deutschland hätten wesentlich dazu beigetragen, dass es eine große Bereitschaft in der Gesellschaft gibt, sich zu engagieren, lobte die Ministerin nach Mitteilung ihres Ministeriums. Seit April 1961 haben insgesamt 2.718.360 junge Männer Zivildienst geleistet. Stellvertretend für derzeit noch rund 700 Zivildienstleistende wurden drei junge Männer in Berlin verabschiedet. Formal läuft der Dienst erst zum Jahresende aus, seit Donnerstag haben die Zivildienstleistenden bezahlten Sonderurlaub.



Auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände hatten das Engagement der Zivis gewürdigt. "Zivis haben einen unverzichtbaren Beitrag in der Gesellschaft geleistet", hatte Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier am Mittwoch in Berlin erklärt. Mit ihrem Dienst hätten die jungen Männer zur Entwicklung einer solidarischen Gesellschaft beigetragen, hob der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, hervor. Die "Zivis" waren ein fester Bestandteil im Leben vieler Menschen, die mit Behinderungen oder Krankheiten bei uns leben", sagte der Chef der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Ulrich Pohl, in Bielefeld dem epd.



Seit April 1961 haben nach Angaben des Bundesfamilienministeriums mehr als 2,7 Millionen junger Menschen ihren Ersatzdienst in rund

37.000 sozialen und gemeinnützigen Einrichtungen geleistet. Rund eine Million Zivis waren laut Diakonie in Einrichtungen der Diakonie oder der evangelischen Kirche im Einsatz. Unter dem Dach der Caritas leisteten mehr als 385.000 junge Männer ihren Dienst.



Über 26.000 Frauen und Männer haben ihren Weg in den Bundesfreiwilligendienst gefunden

Der neue Freiwilligendienst hatte beim Start im Sommer reichlich Sand im Getriebe. Doch das ist vergessen. Heute schließen über 26.000 Ehrenamtler die Lücke, die das Aus des Zivildienstes riss. Der Zulauf scheint ungebrochen.

An die Szenarien, Teile sozialer Dienstleistungen stünden ohne die Zivis vor dem sicheren Kollaps, will heute niemand mehr erinnern werden.



Das Interesse am weitgehend unbekannten Dienst war zunächst erschreckend gering. Freiwillige wurden händeringend gesucht. Sozialverbände und das für den BFD zuständige Bundesfamilienministerium beharkten sich gegenseitig mit Schuldzuweisungen für den holprigen Start. Der Grund: Im etablierten und inhaltlich nahezu identischen Freiweilligen Sozialen Jahr standen die Bewerber Schlange, während vom BFD kaum jemand etwas wissen wollte.



Geplant sind jährlich 35.000 Stellen. "Wir sind sehr zufrieden", sagt der Bundesbeauftragte für den Zivildienst, Jens Kreuter. Seine Zwischenbilanz fällt sehr positiv aus: "Es ist kein Krankenwagen in der Garage geblieben, unsere soziale Infrastruktur funktioniert weiterhin."



Gute Entwicklung

"Die Zahl der BFD-Teilnehmer hat sich erfreulich gut entwickelt", urteilt Rainer Hub, Referent für freiwilliges Engagement und Zivildienst im Bundesverband der Diakonie. Es gebe bereits mehr Freiwillige als dafür Gelder im Bundeshaushalt vorgesehen seien. Diakonie und Evangelische Jugendverbände haben laut Hub derzeit rund 3.800 BFD"ler im Einsatz. Von einzelnen regionalen Unterschieden abgesehen, sei die Lage durchweg entspannt. Allerdings beklagten viele Sozialträger, die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, der für den BFD verantwortlichen Behörde, als bürokratisch und "nach wie vor schwierig".



Anfangs sei jede Menge Sand im Getriebe gewesen. Für Hub liegt der Grund dafür hauptsächlich im enormen Tempo, mit dem die Politik seinerzeit den Ausstieg aus dem Zivildienst vollzog und dadurch Zeit für saubere Planung und umfassende Beteiligung der Sozialverbände fehlte. Die Folge: "Wir reparieren heute am laufenden Motor", sagt Hub.