Zahl der HIV-Infizierten in Osteuropa steigt weiter

Welt-Aids-Tag

Die Immunschwäche Aids breitet sich in Osteuropa und Zentralasien in rasantem Tempo aus. Zwischen 2001 und 2010 ist die Zahl der HIV-Infizierten in dieser Region von 410.000 auf 1,5 Millionen angestiegen. Politiker und Organisationen in Deutschland mahnen, in der Prävention nicht nachzulassen und gegen die Diskriminierung HIV-Infizierter vorzugehen.

 (DR)

Innerhalb von zehn Jahren sei die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen in Osteuropa und Zentralasien um das Elffache von knapp 8.000 auf etwa 90.000 nach oben geschnellt , teilten am Mittwoch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Aidsprogramm (UNAIDS) zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember mit. Neun von zehn Fällen in der Region fallen laut UNAIDS auf Russland und die Ukraine. In West- und Mitteleuropa hingegen stagnierte die Zahl der jährlichen Neuinfektionen zwischen 2001 und 2010 bei rund 30.000.



Engagement im Osten Europas verstärken

Die WHO und UNAIDS räumten ein, dass die Kampagnen gegen die Ausbreitung von Aids im Osten Europas und Zentralasien verstärkt werden müssten. Die UN-Organisationen forderten auch eine umfassende Versorgung von Aids-Kranken mit retroviralen Medikamenten. In Osteuropa und Zentralasien erhielten weniger als ein Viertel der Bedürftigen wirksame Arzneien.



Global infizierten sich laut UNAIDS 2010 rund 2,7 Millionen Erwachsene und Kinder neu mit dem HI-Virus. Rund 1,7 Millionen Menschen starben infolge der Immunschwäche. Insgesamt erreichte die Zahl der Infizierten 2010 mit 34 Millionen einen neuen Höchststand. Knapp 23 Millionen der Infizierten lebten in Afrika südlich der Sahara. Hier bleibt somit der globale Brennpunkt der Epidemie.



Vatikan setzt auch auf Verhaltensänderung

Der Vatikan fordert zum Welt-Aids-Tag Zugang zu Anti-Aids-Medikamenten für Betroffene aus allen Ländern und Bevölkerungsschichten unabhängig von ihrem Einkommen. Der Päpstliche Gesundheitsrat beklagte am Donnerstag in seiner Botschaft zudem eine zunehmende soziale Ausgrenzung von Menschen mit HI-Virus. Die Immunschwächekrankheit fordere "heute nicht mehr zu rechtfertigende Todesopfer".



Beim aktuellen Forschungsstand hält die Vatikanbehörde auch die Zahl der Embryonen, auf die sich die Krankheit während der Schwangerschaft ihrer Mütter weiterhin übertrage, für zu hoch. Der Gesundheitsrat plädiert beim Kampf gegen Aids aber auch für eine Verhaltensänderung. Diese müsse in sexueller Enthaltsamkeit, ehelicher Treue und Ablehnung sexueller Freizügigkeit liegen.



Bahr: Keine Ausgrenzung der Betroffenen

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) lobte unterdessen die Aids-Prävention in Deutschland. Die Bundesrepublik habe eine der weltweit niedrigsten Neuinfektionsraten, erklärte Bahr in Berlin. Jetzt sei es wichtig, die Menschen weiterhin gut über die Infektion, Übertragungswege und Schutzmöglichkeiten zu informieren. Weltweit könnten HIV und Aids nur besiegt werden, wenn alle zusammenarbeiteten, die Menschenrechte beachteten und Betroffene nicht ausgegrenzt würden.



Die Direktorin der Kölner Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Elisabeth Pott, mahnte, auf dem Erfolg der Präventionsarbeit dürfe sich Deutschland nicht ausruhen. Da viele Menschen die Immunschwäche nicht mehr als eine der gefährlichsten Krankheiten wahrnähmen, müsse die Bevölkerung immer wieder zum Schutzverhalten motiviert werden. Die Erkrankung bedeute auch heute noch bestenfalls lebenslange Medikamenteneinnahme mit erheblichen Nebenwirkungen, sagte Pott.



Die Leiterin der Bundes-Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, kritisierte, HIV-Positive würden in Deutschland nach wie vor stigmatisiert. Anders als in vielen Ländern Europas fielen chronische Krankheiten wie eine symptomlose HIV-Infektion in Deutschland nicht unter den gesetzlichen Diskriminierungsschutz. Hier brauche es eine Klarstellung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, sagte Lüders.



Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts leben derzeit in Deutschland 73.000 Menschen mit HIV und Aids. Rund 70 Prozent von ihnen befinden sich in medizinischer Behandlung. Im vergangenen Jahr haben sich schätzungsweise 2.700 Menschen neu infiziert.