Ein Kommentar zur Causa Weltbild von Ingo Brüggenjürgen

Nicht mit Ruhm bekleckert

Jetzt also ist es amtlich: Die Katholische Kirche in Deutschland will reinen Tisch machen und das eigene profitable Unternehmen "Weltbild" ohne jeden Verzug veräußern. Der Druck der vergangenen Wochen war zu stark. Innerkirchlich war diese Option am Ende in der Tat alternativlos: Ein Kommentar von domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

Wirtschaftlich gibt es, wie man hört, überhaupt keine Notwendigkeit eines Verkaufs, aber spätestens nachdem Papst Benedikt XVI. bei seinem Deutschlandbesuch "Entweltlichung" eingefordert und vor zwei Wochen noch einmal nachdrücklich "entschiedener und deutlicher"  gegen die Verbreitung von erotischem und pornografischem Material im Internet vorgehen wollte, war der Weg vorgezeichnet.

Der Kölner Kardinal hatte bereits vor Jahren  Klarheit und Wahrheit angemahnt und sich von den Weltbild-Anteilen des Erzbistums Köln getrennt.  Vor der entscheidenden Sitzung in Würzburg forderte er erneut einen radkilane Schnitt: "Es geht nicht, dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigen!" Der Münchner Kardinal Marx stimmte ein: "Wir  können noch so große Medienkonzerne haben, wenn sie nicht das Ziel haben, das Evangelium zu verkünden, geht es in die falsche Richtung."

Die Verkündigung des Evangeliums stand bestimmt in den Gründerzeiten der Verlagsgruppe im Vordergrund. Aber nachdem die bundesweite christliche Zeitschrift "Weltbild" immer mehr zum bunten Warenhauskatalog wurde, geriet dieses Ziel wohl in Vergessenheit. Das vorgegebene Ziel der kirchlichen Gesellschafter war dann: Profit bei innerkirchlich akzeptabler Produktpallette. Mit dem Erfolg des Internets  - die Weltbildgruppe gehört in Deutschland zu den drei größten Versandunternehmen und ist im Onlinebuchhandel nach Amazon die Nummer 2 - kam bezeichnender Weise auch vermeidlich Teuflisches in Angebot. Wer das Internet kennt, wird sich darüber nicht wundern. So, wie die St. Joseph Kirche in der Nachbarschaft  der sündigen Meile von St. Pauli liegt - so ist Heil und Unheil auch in der schönen, neuen digitalen Welt oft nur einen Klick auseinander.

Man darf nur hoffen, dass mit dem jetzt beschlossenen Verkauf nun endlich überall wieder Klarheit und Wahrheit einzieht, denn mit Ruhm haben sich alle Beteiligten wahrlich nicht bekleckert.

Da ist eine äußerst erfolgreiche kirchliche Unternehmensgruppe, die offensichtlich die Frohe Botschaft des Unternehmensgründers immer mehr aus dem Auge verlor und es auch es auch nicht schaffte, das ohne jeden Zweifel vorhandene Medien-Knowhow in die Reihen der kirchlichen Gesellschafter zu bringen. Da sind kirchlich bestellte Aufsichtsräte, die über Jahre ihrer Aufsichtspflicht nur unzureichend nachkamen und sich nur zu gerne im unternehmerischen Erfolg sonnten. Da sind Bischöfe, die über Jahre viel zu gutgläubig und vielfach uninteressiert wegsahen. Und da sind ganz ohne Frage jede Menge "völlig Unschuldige" und "völlig Unbeteiligte", die die Gunst der Stunde für ihre jeweils eigenen Interessen ausnutzten und ein schmutziges Feuer legten, um dann um so lauter nach der notwendigen Feuerwehr zu rufen.  

"Pfui Teufel", mag da der unvoreingenommene Beobachter mit Recht rufen.  Aber wenn es gelingt, dass durch den Verkauf von Weltbild ein guter Neuanfang für Kirche und kirchliche Medien zustande kommt, darf man ein "Gott sei Dank" zum Himmel schicken. Dies gilt umso mehr, wenn es gelingt, die kirchlichen und sozialen Implikationen, die mit dem Verkauf verbunden sind, vernünftig über die Bühne zu bringen.  Wunder geschehen heutzutage zwar nicht über Nacht - aber man wird ja noch hoffen dürfen.