Kirche will sich von Weltbild-Konzern trennen

Bischöfe ziehen Notbremse

Die katholischen Bischöfe haben sich am Dienstag zu einer Trennung der Kirche vom Weltbild-Konzern entschlossen. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat sich demnach mit seinen Forderungen nach einem harten Schnitt durchgesetzt und seine Amtsbrüder überzeugen können. Der Weltbild-Umsatz mit Erotik-Medien ist zwar nur gering, aber die Bischöfe befürchten einen Glaubwürdigkeitsverlust.

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner / © Robert Boecker (DR)
Erzbischof Joachim Kardinal Meisner / © Robert Boecker ( DR )

Die Bischöfe, die Gesellschafter des Verlags sind, fassten diesen Beschluss am Montagabend in Würzburg. Die Gesellschafterversammlung war aufgrund einer Forderung der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) überraschend zusammengetreten. Sie beauftragte den Aufsichtsrat, den Verkauf der Verlagsgruppe "ohne jeden Verzug" in die Wege zu leiten und in regelmäßigen Abständen über die Verkaufsverhandlungen zu berichten. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag in Bonn mit.



Der VDD hält mit 24,2 Prozent den größten Teil der Anteile an der Verlagsgruppe, die außerdem 12 katholischen Bistümern und der Soldatenseelsorge gehört. Zugleich sprach die in Würzburg tagende VDD-Vollversammlung den beiden vom VDD entsandten Aufsichtsratsmitgliedern, Pater Hans Langendörfer und Matthias Meyer, ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Insbesondere Langendörfer war wegen seiner Funktion im Aufsichtsrat von konservativen katholischen Kreisen heftig angegriffen worden.



Der VDD kritisierte, der Geschäftsführung des Weltbildverlags sei es nicht gelungen, "die internetgestützte Verbreitung sowie die Produktion von Medien, die den ideellen Zielen der Gesellschafter widersprechen, im eigenen Bereich und im Bereich der Unternehmensbeteiligungen hinreichend zu unterbinden. Die Glaubwürdigkeit der Verlagsgruppe und ihrer Gesellschafter hat darunter gelitten."



Kölner Appell

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte bereits am Wochenende gefordert, dass sich die katholische Kirche von Weltbild trennen soll. "Dafür gibt es für mich gar keine Alternative", sagte er der "Welt am Sonntag". Es gehe nicht, "dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigen". Das sei skandalös. Hier sei "die Welt in einer Weise in die Kirche eingedrungen, die schlicht nicht zu akzeptieren ist".



Geschäftsführung und Aufsichtsrat müssen die Gesellschafter nun vierteljährlich über den Stand der Verkaufsvorbereitungen informieren. Dabei seien auch Angaben über die Zeitplanung zu machen, teilte Weltbild mit.



Personelle Veränderungen im Aufsichtsrat

Die Gesellschafter von Weltbild beschlossen zugleich personelle Veränderungen im Aufsichtsrat. Wie das Unternehmen in Augsburg mitteilte, scheiden die früheren Finanzdirektoren Sebastian Anneser (München und Freising), Adolf Bauer (Diözese Würzburg) und Klaus Donaubauer (Diözese Augsburg) aus dem Aufsichtsrat aus. An ihre Stelle treten die Generalvikare Peter Beer (Erzbistum München und Freising), Michael Fuchs (Bistum Regensburg) und Georg Holkenbrink (Bistum Trier).



Der Geschäftsführer der Verlagsgruppe, Carel Halff, übernahm die Verantwortung für den Skandal. "Ich nehme das sehr ernst, es ist ein sehr schmerzhafter Moment", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Augsburg. Gleichzeitig verwies er darauf, dass ein allgemeiner Buchhandel in der Größe und Komplexität von Weltbild immer Titel vertreiben werde, "die nicht vollständig der katholischen Wertebindung entsprechen".



Er bedaure zutiefst, "dass durch einzelne Internetangebote, mögen sie wirtschaftlich noch so unbedeutend gewesen sein, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und der Gesellschafter gelitten hat", fügte Halff hinzu. Nun gelte es, einen neuen und geeigneten Inhaber für das Unternehmen zu suchen. Dies werde angesichts der Komplexität von Weltbild nicht innerhalb von ein paar Wochen gelingen. Der Zeitraum werde "eher bei 18 als bei 12 Monaten" liegen.



Die Verlagsgruppe hatte den Vorwurf, sie verkaufe Pornografie, noch Ende Oktober zurückgewiesen. Pornografie sei rechtlich ein eindeutig definierter Begriff, hieß es in einer Stellungnahme. Weltbild biete in seinem Sortiment keine Pornografie an und habe dies auch noch nie getan. Der Umsatzanteil der in Medienberichten kritisierten Artikel sei minimal. Bücher, die über das Stichwort "Erotik" im Internet zu finden waren, hätten im Jahr 2011 bisher einen Anteil von weniger als 0,017 Prozent des Gesamtumsatzes ausgemacht.



Mitarbeiter haben Angst vor Zerschlagung

Im Vergleich zum Jahr 2008, als bereits ein Verkauf diskutiert worden war, habe sich die Lage verändert, so der Manager. Weltbild und Hugendubel seien zwei starke Marken, die Verlagsgruppe im Internethandel nach Amazon die Nummer zwei auf dem Markt. Auch im Bereich von E-Books sei sein Haus führend, so Halff, der von einer "guten Ausgangssituation" sprach.



Die Gewerkschaft ver.di bezeichnete den Verkauf als "unschön". Bei einem neuen Eigentümer werde es immer Synergieeffekte geben, die die Beschäftigten zu tragen hätten, sagte der zuständige Gewerkschaftsvertreter Thomas Gürlebeck in Augsburg. Ziel sei es nun, die Interessen der Beschäftigten über einen Sozial- oder Zukunftssicherungsvertrag zu sichern, etwa den Erhalt von tarifvertraglichen Leistungen.



Die Mitarbeiter der Verlagsgruppe Weltbild haben Angst vor einer Zerschlagung des Unternehmens. Dies sagte der Betriebsratsvorsitzende Peter Fitz. In einem Gespräch habe die Geschäftsführung jedoch betont, dass man Weltbild "im Ganzen" verkaufen wolle. Trotzdem gebe es eine gewisse Unsicherheit unter den Beschäftigten, obwohl die Verkaufsoption im Grunde schon seit 2008 bestanden habe und nur zuletzt auf Eis gelegt worden sei. Am Donnerstag ist eine Betriebsversammlung geplant.



Fitz bedauerte die Entscheidung der Gesellschafter. Er hätte es begrüßt, wenn Weltbild weiter in den Händen der Kirche geblieben wäre. Vielleicht hätte sie noch einmal einen Versuch starten sollen, die umstrittenen Produkte aus dem Sortiment entfernen zu lassen. Der Betriebsratsvorsitzende betonte, die Kirche habe eine "gewisse Verantwortung zu tragen gegenüber den 6.500 Mitarbeitern". Ziel des Betriebsrats sei es nun, einen Sozialtarifvertrag auszuhandeln, in dem die "bisherigen Arbeitsbedingungen festgeklopft werden".



Der Augsburger Verlag war in die Kritik geraten, weil er im Internet auch Erotik-Literatur und Esoterik zum Verkauf angeboten hat. Vor zwei Wochen hatte Papst Benedikt XVI. gemahnt, es sei an der Zeit, die weitere Verbreitung von Material pornographischen Inhalts "energisch einzuschränken".