Annette Kurschus wird neue Präses der westfälischen Kirche

Fromm und politisch

Die Siegener Superintendentin Annette Kurschus wird neue Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen."Die Kirche, für die ich stehe, ist fromm und politisch zugleich", betonte die neue Präses in ihrer Vorstellungsrede zur Wahl. Was sie damit meint, erklärt sie im domradio.de-Interview.

 (DR)

Das Evangelium habe eine politische Dimension, erklärt Kurschus am Donnerstag im domradio.de-Interview. Sie stellt klar: "Wir müssen uns hüten, uns in alles einzumischen." Wenn es aber um Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung Schöpfung gehe, "gibt es vom Evangelium Botschaften zu sagen, auf die diese Welt nicht verzichten kann".



Amtseinführung im März

Die Landessynode hatte am Mittwoch die 48-jährige Theologin in Bielefeld zur Nachfolgerin von Amtsinhaber Alfred Buß bestimmt. Kurschus steht damit als erste Frau an der Spitze der westfälischen Kirche. Als leitende Geistliche repräsentiert sie in den kommenden acht Jahren knapp 2,5 Millionen Protestanten.



Sie setzte sich mit 143 zu 27 Stimmen bei zwölf Enthaltungen klar gegen die leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, die 56 Jahre alte Angelika Weigt-Blätgen, durch. Sie wird im März in ihr neues Amt eingeführt. Der scheidende Präses Buß geht dann in den Ruhestand. Die westfälische Kirche ist die viertgrößte Landeskirche in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).



Kurschus für Dialog mit Atheisten

In ihrer Vorstellungsrede als Kandidatin hatte Kurschus für "eine erkennbare Rückbindung an die biblische Botschaft" plädiert, aus der das soziale und politische Handeln der Kirche Orientierung und Richtung gewinnen müsse. "Die Kirche, für die ich stehe, ist fromm und politisch zugleich", so die neue Präses. Eine wichtige Aufgabe sei die Auseinandersetzung "mit den Indifferenten, den Glaubenslosen und den neuen und alten Atheisten".



Zudem sprach sich Kurschus für ein "koordiniertes Miteinander" der westfälischen Landeskirche mit Ruhrgebiet, Wittgensteiner und Siegerland, Sauerland, Münsterland, Soester Börde und Ostwestfalen aus. Als Kennzeichen ihrer Arbeit nannte sie theologische Konzentration, wache Zeitgenossenschaft und ökumenische Weite.



Kurschus wurde am 14. Februar 1963 in Rotenburg an der Fulda geboren und wuchs im hessischen Obersuhl und in Siegen auf. Die Pfarrerstochter studierte in Bonn, Marburg, Münster und Wuppertal Theologie, bevor sie 1989 als Vikarin nach Siegen-Eiserfeld kam.



Musik als Lebenselixier

1993 wurde sie Gemeindepfarrerin in Siegen-Klafeld und 1999 in Siegen-Weidenau. Seit 2005 steht sie als Superintendentin an der Spitze des Kirchenkreises Siegen. 2008 übernahm sie den Vorsitz des Ständigen Theologischen Ausschusses der EKvW. Kurschus, die Musik als Lebenselixier bezeichnet, ist ledig und hat keine Kinder.



Bundesweit stehen künftig vier Frauen an der Spitze einer evangelischen Kirche. Mit Kurschus ist dies erstmals in einer unierten Kirche der Fall. Als Bischöfinnen amtieren bereits Kirsten Fehrs für Hamburg und Lübeck sowie die mitteldeutsche Bischöfin Ilse Junkermann und die methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner.