Die Kirchen würdigen die Arbeit des Entwicklungshilfeministeriums

Gemeinsamer Kampf gegen Armut

Zum 50-jährigen Bestehen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit haben die Kirchen in einem Gottesdienst dessen Arbeit gewürdigt. Gleichzeitig wurde auch der Ruf nach verstärkten Anstrengungen laut.

Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche (KNA)
Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche / ( KNA )

Am Montag mahnte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick an, endlich 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Deutschland als reicher Staat müsse seiner Selbstverpflichtung nachkommen. Das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) genannte Jahr 2015 sei zu spät. - Schick ist Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und nahm in dieser Funktion am Festakt teil.



Der Erzbischof dankte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Staat und katholischer Kirche. Gleichzeitig verwies er auf die Leistung der kirchlichen Hilfswerke wie Misereor oder Caritas International, die "Großartiges" bei der Überwindung des Hungers sowie für Gesundheit und Bildung täten. Die Hilfe der Kirche komme oft auch noch dort an, wo der Einsatz von staatlichen Stellen aus politischen Gründen begrenzt sei.



"Wir ergänzen einander"

Zuvor hob bei dem ökumenischen Gottesdienst am Morgen der evangelische Prälat Bernhard Felmberg die lange Tradition der Zusammenarbeit von Kirche und Staat bei der Bekämpfung von Armut und Hunger in Deutschland hervor. "Wir ergänzen einander", sagte der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesregierung.



Auch der katholische Prälat Karl Jüsten würdigte das "gute Miteinander" in der Entwicklungszusammenarbeit. Der evangelisch-methodistische Altbischof Mvume Dandala aus Südafrika rief dazu auf, in der Bekämpfung von Armut, Gewalt, Unrecht und Umweltzerstörung nicht nachzulassen.



Staat und Kirche trügen Verantwortung für das Wohlergehen der Menschheit und der gesamten Schöpfung, sagte der ehemalige Leiter des südafrikanischen Kirchenrats, der 2009 für die Präsidentschaft kandidiert hatte. Dabei gebe es eine natürliche Spannung zwischen den Erfordernissen von Regierungen und dem christlichen Streben nach Gerechtigkeit.



Festakt ohne SPD-Politiker

An dem Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche nahmen Vertreter aus Politik und Kirche teil, darunter die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die wie andere SPD-Politiker dem Festakt nach einem Streit fernblieb. Am Abend warnte Bundespräsident Christian Wulff davor, die Partner in der Entwicklungszusammenarbeit mit immer neuen Konzepten zu überfordern. "Entwicklungsländer brauchen Verlässlichkeit und Berechenbarkeit", sagte im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt vor rund 1.200 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. "Wir sollten nicht den Anspruch haben, das Rad jedes Mal neu zu erfinden", so Wulff.



Das BMZ habe immer wieder Mut zur Veränderung bewiesen, dennoch müsse geprüft werden, wo die Förderrichtlinien mit der Realität vor Ort nicht zusammenpassen. Wulff begrüßte daher die vom BMZ geplante unabhängige Evaluierungsstelle. Zugleich mahnte der Bundespräsident eine verlässliche politische Strategie gegenüber den Entwicklungsländern an. "Solange Partnerländer durch Handelshemmnisse, Schutzzölle oder Exportsubventionen in ihrer Entwicklung faktisch behindert werden, nehmen wir mit der einen Hand, was wir mit der anderen geben".



Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) verwies zu Beginn des Festakts auf die Bedeutung von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und der Wirtschaft für "den guten Ruf der deutschen Entwicklungszusammenarbeit". Dies sei der Verdienst aller Menschen, die sich in den vergangenen 50 Jahren im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eingesetzt hätten. Die Entwicklungszusammenarbeit stehe für Kooperation statt Konfrontation, sie stehe für Werte und Interessen und mache Partner nicht abhängig, sondern selbstständig, so Niebel.



Niebel kündigte an, bis 2013 zwei Millionen Menschen für die Entwicklungspolitik in Deutschland gewinnen zu wollen, doppelt so viele wie heute. "Die Politik kann die großen Fragen der Zukunft nicht alleine lösen", so Niebel. Hier sei das Engagement von Bürgern und Unternehmen nötig.



Am 14. November 1961 war Walter Scheel (FDP) im Kabinett von Bundeskanzler Konrad Adenauer zum ersten "Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit" ernannt worden. Deutschland war damit das erste europäische Land, das ein eigenständiges Ministerium für die Unterstützung armer Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika schuf. Den Zusatz "und Entwicklung" führt das Ministerium seit 1994. Das Ressort verfügt heute über einen Etat von etwa sechs Milliarden Euro und beschäftigt rund 600 Mitarbeiter, davon 80 Prozent in Bonn.