Katholische Kirche wehrt sich gegen Vorwürfe in Antisemitismusbericht

Im Dialog nicht erst seit Nostra Aetate

Die katholische Kirche verteidigt sich gegen den Antisemitismus-Vorwurf der Bundesregierung. Zwar habe der Umgang mit der Piusbruderschaft einen "schlimmen Eindruck" hinterlassen, räumt Hamburgs Weihbischof Jaschke im domradio.de-Interview ein. Doch stünde dieser nicht stellvertretend für den christlich-jüdischen Dialog.

Autor/in:
Michael Borgers
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (KNA)
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke / ( KNA )

Man müsse die Studie natürlich im Einzelnen auswerten, sagte Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der auch Vorsitzender der Unterkommission für den interreligiösen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz ist, am Freitag (11.11.2011). Pauschale Urteile, die jetzt durch die Presse gingen, sein nicht berechtigt. Natürlich tue man immer zu wenig, so Jaschke weiter, "aber wenn sich jemand mit Anti-Judaismus auseinandergesetzt hat in der Geschichte, dann ist es unsere katholische Kirche".



Mit Blick auf den christlich-jüdischen Dialog erinnerte der Teilnehmer am Runden Tisch der Religionen an die Bemühungen von Papst Benedikt XVI. und seinem Vorgänger Papst Johannes Paul II. sowie Nostra Aetate, die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils zu den nichtchristlichen Religionen von 1965.



Homolka: Erschreckende Ergebnisse

In dem am Vortag bekanntgewordenen Antisemitismusbericht der Bundesregierung wird moniert, dass die Kirchen nicht konsequent genug gegen Judenhass in den eigenen Reihen vorgingen. Zugleich wird aber auch betont, dass die offizielle Lehre der Kirchen dem Antisemitismus keinerlei Grundlage mehr biete. Im Fazit der Studie wird die Frage gestellt, ob in der Kirche "die kritische Auseinandersetzung mit der Tradition des christlichen Antijudaismus" weit genug gehe und ob der christlich-jüdische Dialog auch die Basis der Kirchenmitglieder erreiche.



Als "erschreckend" wertete am Freitag der Rabbiner Walter Homolka die Ergebnisse des Berichts. An die Kirchenleitungen appellierte Homolka am Freitag in Potsdam, ihr Interesse am Judentum immer wieder in das breite Gemeindeleben hineinzutragen und damit deutlich zu machen, dass die christlich-jüdischen Beziehungen wichtig seien. Dazu gehöre auch, das heutige Judentum in seiner Vielfalt ernst zu nehmen. "Wir brauchen dringend Felder gemeinsamen Engagements für die Heilung der Welt", so der Rektor des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam. Er bedauerte, dass der Dialog von Juden und Christen bislang zu sehr auf die Arbeit einiger Fachgremien beschränkt sei.



"Überlegenheitsanspruch der christlichen Religion"

Kritisch setzt sich der Antisemitismusbericht mit der Religionsvermittlung auseinander. So wird gefragt, ob im Religionsunterricht noch immer der "Überlegenheitsanspruch der christlichen Religion gegenüber Juden" bedient werde. "Inwieweit werden heute im Religionsunterricht Juden immer noch als Gegner der christlichen Religion präsentiert?" Mit diesen Fragen müssten sich die Kirchen auseinandersetzen.



Die mit der Ausbildung Beauftragten würden eine korrekte Ausbildung in dieser Frage verantworten, so Jaschke in dem domradio.de-Gespräch. Auch seien die Schulbücher "in jeder Hinsicht unangreifbar". Grundsätzlich könne es keine Überlegenheit der Christen gegenüber den Juden geben, erinnerte der Hamburger Weihbischof auch an die Berliner Rede des Papstes vor jüdischen Vertretern. Dort habe Benedikt gesagt, "dass es einen Heilsweg gibt und dass dieser eine Heilsweg das Heil, das von den Juden kommt, von Gott unwiderruflich ist", so Jaschke weiter: "Die Juden  sind unsere Schwestern und Brüder, unsere älteren Geschwister. Und das Heil bleibt für immer als das Heil, das von den Juden kommt."



Der Umgang mit der Piusbruderschaft

Besondere Aufmerksamkeit richtet der Bericht auf die traditionalistische Piusbruderschaft. Die Debatte um die Aufhebung der Exkommunikation ihrer Bischöfe durch Papst Benedikt XVI. habe "Defizite in der Auseinandersetzung mit judenfeindlichen Strömungen deutlich gemacht."



Der Umgang mit der Piusbruderschaft habe dem christlich-jüdischen Dialog sehr geschadet, räumt Jaschke weiter ein. "Nicht weil die Piusbrüder als solche so wichtig wären, aber der Eindruck, dass man in Rom unkritisch mit den Piusbrüdern umgeht und gar nicht wahrnimmt, was ein Mann wie Williamson an unsäglichem Unsinn gesagt hat. Dieser Eindruck ist ganz, ganz schlimm. Aber das steht nicht für die katholische Kirche. Aber noch einmal: Wenn man sich so unsägliche Pannen in unserer Kirche und um den Papst herum leistet, dann ist das ganz bitter."