Familienbund bewertet Betreuungsgeld als ersten Schritt

"Eine kleine Anerkennungsprämie"

Ab 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Ein- bis Dreijährigen. Dieses Ziel in weiter Ferne tritt die Regierung nun die Flucht nach vorne an: 150 Euro, wenn das Kind daheim bleibt. Für den Familienbund der Katholiken ein erster Schritt. "Er greift aber viel zu kurz", so Bundesgeschäftsführerin Claudia Hagen im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de: 150 Euro im Monat vom Staat für die Kinderbetreuung zuhause - ist das als Anreiz ausreichend?

Hagen: Das ist ein kleiner, erster Schritt, der aber viel zu kurz greift. Der Familienbund wünscht sich eine Anschlussleistung an das Elterngeld in Höhe von 300 Euro für das zweite und dritte Lebensjahr. Das würde dem Sockelbetrag des Elterngeldes entsprechen. Vor allen Dingen aber: für alle Eltern. Weil wir der Meinung sind, dass sowohl die häusliche Erziehung anerkannt werden sollte, aber Eltern, die beide arbeiten gehen wollen oder müssen, um den Lebensstandard zu decken, auch die Kinderbetreuungskosten irgendwie schultern müssen. Und die sind ja nicht gerade günstig. Die dreijährige Elternzeit, auf die Eltern ja einen Anspruch haben, muss finanziell flankiert werden.



domradio.de: Die 150 Euro im Monat sind als Wahlmöglichkeit gedacht, die Wahl, auf einen Kita Platz zu verzichten und das Kind lieber zuhause zu erziehen - aber kann man angesichts der laufenden Kosten - die ja mit Kindern nicht weniger, sondern eher mehr geworden sind - wirklich von einer Wahl sprechen?

Hagen: Mit 150 Euro im Monat kann man kein Kind erziehen, das ist klar. Das ist eine kleine Anerkennungsprämie. Es ist ein erster Schritt, aber eine wirkliche Entlastung von Familien ist es nicht.



domradio.de: Die Diskussion um das Betreuungsgeld wirft natürlich auch die immer wieder gestellte Frage auf: Ist es nun gut oder schlecht die Kinder frühzeitig in eine Kita zu bringen, sie also nicht ausschließlich zuhause zu erziehen? Kann man diese Frage wirklich eindeutig beantworten oder hängt das auch von den Lebensumständen der Eltern ab?

Hagen: Davon hängt es ab, aber auch stark von den Kindern. Es gibt Kinder, die gehen mit Freude nach einem Jahr in die Kita, weil sie da Gleichaltrige zum Spielen finden. Und es gibt andere Kinder, für die es vielleicht besser ist, wenn sie noch zuhause bleiben und erst mit drei in die Kita gehen. Das müssen die Eltern entscheiden. Deswegen ist es ja auch so wichtig, den Eltern wirkliche Wahlfreiheit zu bieten und ihnen die Entscheidung zu überlassen - und die Rahmenbedingungen dafür auch bereit zu halten.



domradio.de: Im Idealfall werden sie zuhause genug gefördert und geliebt, im  weniger idealen Fällen gut diese Förderung und Zuwendung in der Kita zu bekommen? Wäre in solchen Fällen das Betreuungsgeld nicht eine Gefahr für Kinder?

Hagen: Wir als Familienbund würden Eltern generell nicht als Gefahr für ihre Kinder sehen. Das ist ein Gedanke, den wir eigentlich von uns weisen. Es gibt Kinder, die zuhause nicht richtig Deutsch lernen, für die es vielleicht besser wäre, wenn sie frühzeitig in die Kita gehen würden, damit sich ihre Bildungschancen erhöhen. Aber da müssen auch noch andere, flankierende Maßnahmen greifen: dass man die frühen Hilfen ausbaut, was ja jetzt mit dem Kinderschutzgesetz auch passiert ist.



Das Gespräch führte Monika Weiß.