Präsidentschaftswahl in Nicaragua

Triumph mit Beigeschmack

Glaubt man den aktuellen Wahlumfragen, dann bleibt Daniel Ortega die politische Nummer eins in Nicaragua. Der voraussichtliche Triumph hat allerdings einen faden Beigeschmack: Opposition und große Teile der katholischen Kirche in dem mittelamerikanischen Land halten die Kandidatur des politischen Künstlers für illegal.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

"Wenn sich die Institutionen nicht an die eigenen Richtlinien der Verfassung halten, dann decken sie diese illegale Kandidatur", schimpfte der Vorsitzende der Nicaraguanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Leopoldo Brenes, schon vor Monaten. "Das sind doch alles Somocistas", konterte Ortega in Richtung der Bischöfe und spielte damit auf die Vergangenheit Nicaraguas unter Diktator Anastasio "Tachito" Somosa an.



Nach jüngsten Prognosen wird dem Chef der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) der Sieg beim Urnengang am Sonntag (06.11.2011) nicht mehr zu nehmen sein. Der Mitte-Rechts-Kandidat Fabio Gadea (30 Prozent) und Ex-Präsident Arnoldo Aleman (10 Prozent) haben dem Amtsinhaber (48 Prozent) demnach kaum etwas entgegenzusetzen.



Eigentlich ausgeschlossen

Obwohl eine erneute Kandidatur Ortegas laut Verfassung eigentlich ausgeschlossen ist, steht der politische Dauerbrenner, der seit 1984 bei jeder Wahl kandidierte, wieder ganz oben auf dem Stimmzettel. Zunächst setzte er juristisch geschickt am Parlament vorbei per Gerichtsentscheid seine Kandidatur durch, dann ließ er sich von den regierenden Sandinisten zum Präsidentschaftskandidaten ausrufen. In der Verfassung steht allerdings ausdrücklich, dass ein Politiker, der bereits zweimal das Amt des Präsidenten ausübte, nicht erneut kandidieren darf. Ortega bekleidete das höchste Amt im Staate von 1985 bis 1990 - und wieder seit 2006.



Weder der von den Sandinisten kontrollierte Oberste Wahlrat noch die Nationalversammlung stellten sich Ortegas politischen Winkelzügen entgegen. Und der "Presidente comandante", wie sich Ortega gern rufen lässt, spielt bereits mit dem nächsten Coup zur Verlängerung seiner Amtszeit: Der Oberste Wahlrat kündigte an, die Kandidatur von 51 oppositionellen Parlamentskandidaten zu analysieren.



Im für die Opposition schlimmsten Falle würde das bedeuten: Würden die Kandidaten nachträglich nicht zugelassen, hätten die Sandinisten freie Fahrt in die Nationalversammlung. Dann warteten mehr als 60 der 90 Parlamentssitze auf die Regierungspartei - und damit die Möglichkeit, die Verfassung zu ändern. Ortegas Winkelzüge wären aber vielleicht auch gar nicht nötig. Denn die Oppositionskandidaten wirken blass, und die Regierung kann auf solide wirtschaftliche Wachstumsraten verweisen.



Bischof: Keim einer Diktatur

Doch verlassen will sich Ortega offenbar nicht auf die eigenen Erfolge. Bereits bei den Kommunalwahlen 2008 hatte es nach Meinung internationaler Beobachter und der Kirche massive Wahlmanipulationen gegeben. Managuas Weihbischof Silvio Baez erklärte damals: "Wir sehen, wie in Nicaragua der Keim einer Diktatur wächst." Die Verhältnisse im Land näherten sich den Zuständen zu Zeiten Somozas während der 70er Jahre an. Zuletzt forderte Silvio Baez im Namen seiner Amtsbrüder den für die ordnungsgemäße Ausrichtung der Wahlen zuständigen Wahlrat CSE auf, seine Versprechen einzuhalten und "Resultate zu verhindern, die wir zu bedauern hätten".



Auch für solche Kritik aus den Reihen der Kirche hat sich Ortega gewappnet. Als einen seiner wichtigsten Wahlkampfhelfer präsentierte er Kardinal Miguel Obando (86), den früheren Erzbischof von Managua, den mit Ortega über die Jahrzehnte eine eigentümlich wechselhafte Stimmungslage verbindet. Ortegas Lebensgefährtin und wichtigste Mitstreiterin Rosa Murillo will gar göttlichen Beistand für den Wahlkampf ihres Mannes erkannt haben: "Die Kampagne, in der Gott Wunder vollbringt, damit sich das Gute etabliert", heißt es unter anderem im Arbeitstitel der Wahlstrategie.