CDU-Politiker Schiewerling zum Vorstoß der Bundesregierung

"Der Mindestlohn entspricht der katholischen Soziallehre"

Die CDU will auf ihrem Bundesparteitag in zwei Wochen die Forderung nach einer Lohnuntergrenze festschreiben. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Karl Schiewerling, verteidigt die neue Parteilinie. Der Mindestlohn entspreche der katholischen Soziallehre.

 (DR)

kna: Herr Schiewerling, warum will ausgerechnet die CDU jetzt einen Mindestlohn einführen?

Schiewerling: Wir brauchen eine Lohnuntergrenze weil viele Löhne in Deutschland nicht mehr über Tarifverträge zustande kommen, sondern durch Einzelgespräche frei ausgehandelt werden. Das Ergebnis sind zum Teil Löhne, von denen man nicht leben kann. Das wollen wir verhindern, deswegen sollen die Tarifparteien einen Mindestlohn aushandeln, für Bereiche und Branchen für die es keine Tarifverträge gibt.



kna: Die CDU hat immer gesagt, ein genereller Mindestlohn kann Arbeitsplätze gefährden.

Schiewerling: Neueste Untersuchungen zeigen, dass in den Branchen, in denen es schon eine Lohnuntergrenze gibt, diese nicht zur Vernichtung von Arbeitsplätzen geführt hat. Wir wollen keinen gesetzlichen Mindestlohn, sondern eine Lohnuntergrenze, die die Tarifparteien selber festlegen. Das hat keine negativen Aspekte für den Arbeitsmarkt. Schon der Mitbegründer der Sozialen Marktwirtschaft, Alfred Müller-Armack, der stark von der christlichen Soziallehre geprägt war, hat das so formuliert.



kna: Verrät die CDU nicht ihre christlich-konservativen Grundsätze, wie einige meinen?

Schiewerling: Konservativ heißt für mich die christlich-sozialen Werte zu verteidigen. Der Mindestlohn, wie wir ihn wollen, entspricht voll und ganz der katholischen Soziallehre. Die Päpste weisen immer wieder in ihren Lehrschreiben darauf hin, dass Löhne dann menschenwürdig sind, wenn man davon leben kann. Das ist aber nicht mehr überall der Fall. Papst Johannes XXIII. hat sogar gefordert, dass von einem Lohn eine ganze Familie leben können muss. Das ist heute so nicht mehr umsetzbar.



kna: Sie sind Landesvorsitzender des Kolpingverbandes. Was sagen denn die engagierten Katholiken zur Position der CDU?

Schiewerling: Das Kolpingwerk Deutschland fordert einen generellen gesetzlichen Mindestlohn. Dagegen habe ich mich immer gewandt. Die Tarifparteien müssen Regelungen finden, für die Bereiche in denen es keine Verträge gibt. Das kann und soll die Politik nicht von oben festlegen. Ich erlebe aber an der katholischen Basis viel Zustimmung für unseren Vorschlag. Auch viele CDU-Mitglieder sind von einem christsozialen Gedankengut geprägt und unterstützen die Lohnuntergrenze. Das sind auch Unternehmer und Mittelständler, die das gut finden.



Das Interview führte Volker Resing, kna