Studie zur Arbeit der Telefonseelsorge

Das offene weibliche Ohr

Vor 55 Jahren startete in Berlin das erste deutsche Angebot einer Telefonseelsorge. Inzwischen helfen Tausende ehrenamtlich am Hörer - und sind: weiblich, Kirchenmitglied und im mittleren Lebensalter, so das Ergebnis einer neuen Studie. Im domradio.de-Interview würdigt Bischof Bode die Telefonseelsorge.

 (DR)

"Rund 80 Prozent gehören der katholischen oder evangelischen Kirche an. 2,9 Prozent bekennen sich zu einer anderen christlichen Konfession, 0,5 Prozent zu einer anderen Religion und 16,9 Prozent sind nicht religiös gebunden", zitierte die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag in Bonn aus der vom Bundesfamilienministerium mitfinanzierten Studie.



Laut Untersuchung sind über 80 Prozent der ehrenamtlichen Mitarbeiter weiblich, nur jeder fünfte ist ein Mann. Über die Hälfte der Ehrenamtlichen befinden sich im mittleren Lebensalter zwischen 30 und 59 Jahren. Zwei Drittel verfügen über einen höheren Bildungsabschluss, darunter haben 51,7 Prozent einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss sowie weitere 12 Prozent das Abitur.



"Etwa 800 bis 1.000 Menschen werden jährlich in den 105 Telefonseelsorge-Stellen ausgebildet", sagte die Vorsitzende der Evangelischen Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür, Ruth Belzner. Die durchschnittliche Dauer ihres Engagements sei mit sieben bis acht Jahren "erstaunlich hoch".



Viele brauchen ein offenes Ohr

"Die Telefonseelsorge macht überdeutlich, wie viele Menschen ein offenes Ohr benötigen. Jährlich wird sie von etwa zwei Millionen Suchenden in Anspruch genommen", sagte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode (Osnabrück). "Hinter dieser Arbeit steht das christliche Bild vom Menschen: Jeder Mensch ist wertvoll und zählt."



Christen seien überzeugt, dass sie sich "gerade denen zuwenden müssen, die verwundet sind an Leib und Seele", so Bode. Neben schweren persönlichen Erfahrungen sei es für viele auch belastend, dass sie in einer Welt der Erfolgreichen, der Reichen und Schönen nicht mithalten könnten.



Rund 8.500 ehrenamtliche und 200 hauptamtliche Mitarbeiter arbeiten in bundesweit 105 Telefonseelsorgestellen sieben Tage die Woche. Die Anrufe (Tel. 0800/1110111 oder 0800/1110222) sind sowohl aus dem Fest- wie aus allen Mobilfunknetzen kostenlos und werden von der Deutschen Telekom übernommen. Das ökumenische Beratungsangebot der evangelischen und katholischen Kirche gibt es seit 55 Jahren.



Nach Angaben des Telefonseelsorge-Jahresberichts von 2010 sind häufige Themen von Anrufern Krankheit (27,8 Prozent) Partner/Familie (24,6 Prozent) sowie Einsamkeit/Vereinsamung (10,8 Prozent). Die meisten Anrufer sind 40 bis 49 Jahre (15,4 Prozent) und 50 bis 59 Jahre (14,5 Prozent) alt. Für die Studie aus Anlass des Europäischen Jahres zum Freiwilligen Engagement wurden 2.145 ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Telefonseelsorge zu ihrer Arbeit befragt.