Erzbischof Schick zum Abschluss des Monats der Weltmission

"Nicht nur Fass ohne Boden"

Am Sonntag wird der bundesweite Abschluss des Monats der Weltmission in Bamberg gefeiert. Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick über das Beispielland der Kampagne, Senegal, und die Auswirkungen der Umbrüche auf ganz Afrika.

Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick (KNA)
Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick / ( KNA )

KNA: Herr Erzbischof, warum ist der Senegal Schwerpunkt? Es ist doch ein Musterbeispiel für Afrika.

Schick: Der Senegal zeigt, dass wir Afrika nicht nur als Fass ohne Boden und ohne Zukunft sehen dürfen. Im Senegal gibt es manche Probleme nicht, die es in anderen Ländern gibt. Vielmehr kommt in dem westafrikanischen Land viel Gutes zusammen, das wir auch auf dem restlichen Kontinent sehen. Das interreligiöse Gespräch funktioniert zwischen Christen, Muslimen und Animisten gut. Die politische Lage ist für afrikanische Verhältnisse ziemlich stabil, die Aidsinfektionsrate gering, der Analphabetismus nimmt ab. Es gibt also Fortschritte in Afrika ...



KNA: ... ein rundum positives Beispiel also?

Schick: Natürlich hat der Senegal auch Probleme. Das Land gehört im Norden zur Sahel-Zone, dort herrscht große Dürre. Es gibt Armut und zu wenig Bildung. Daher ist das Beispielland sehr gut geeignet. Afrika hat nicht nur Probleme, es gibt auch Fortschritte und Lösungen.



KNA: Was hat sich für Afrika durch den "Arabischen Frühling" verändert?

Schick: Das ist noch nicht klar, aber die Folgen werden einschneidend sein. Natürlich sind jetzt in Tunesien, Libyen und Ägypten neue Perspektiven und Möglichkeiten entstanden. Der Umbruch bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. In Ägypten zum Beispiel ist zunächst einmal die Freiheit erkämpft worden. Das ist auch gut so. Spannend bleibt aber, welche Gruppen das Sagen haben werden. Wenn sich radikale Muslime dort durchsetzen, kann sich das nach Süden ausbreiten. Im Senegal fürchten das einige.



KNA: Die Revolution kann also auch nach hinten losgehen?

Schick: Was sich jetzt in Ägypten tut, etwa bei den jüngsten Auseinandersetzungen, unter denen die Kopten zu leiden haben, ist eine negative Seite der Revolution. Jetzt müssen die Menschen in Afrika und die Weltgemeinschaft dafür sorgen, dass in den Ländern Demokratien entstehen, in denen alle Gruppen und Religionen freie Rechte haben und leben können.



KNA: Droht der Rest Afrikas vergessen zu werden?

Schick: Ja - gerade der südlichere Teil. Dort wohnen immerhin die meisten Menschen. Die haben mit massiven Problemen zu kämpfen, etwa mit den Auswirkungen des Klimawandels, Staatsschulden, liberaler Finanz- und Wirtschaftsordnung. Die Menschen brauchen genügend Lebensmittel, deshalb ist eine Stärkung der Kleinbauern notwendig. Und auch die politische Situation in Ländern wie Simbabwe oder Sambia ist kritisch. Dort gibt es auch Hunger. Das darf nicht vergessen werden. Misswirtschaft, Korruption und Gewalt sind wegen schlechter Regierungen an der Tagesordnung.



KNA: Welche Aufgabe hat die Kirche angesichts der Veränderungen in Afrika?

Schick: Wichtig ist die Verkündigung des Evangeliums, auch wenn jetzt nicht alle Afrikaner gleich christlich werden. Denn die Christen prägen die Kultur und die Mentalität. Sie bringen Werte in die Gesellschaft wie Gleichheit aller, Toleranz und Verzeihen. Mir haben Muslime in den verschiedenen Ländern Afrikas gesagt: Wenn Christen unter ihnen lebten, funktioniert das Miteinander zwischen den Muslimen besser. Außerdem ist die Kirche wichtig für die Bildung der Menschen. Auch im Gesundheitswesen sind die Christen spitze, obwohl sie in der Minderheit sind.



Das Gespräch führte Christian Wölfel.