Richter verbieten die Patentierung menschlicher Stammzellen

Grundsätzliches für Europa

Menschliche embryonale Stammzellen und Verfahren zu ihrer Gewinnung dürfen in der EU nicht patentiert werden, das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Die Richter entschieden in einem Streit um ein Patent eines deutschen Stammzellforschers.

 (DR)

Jede befruchtete menschliche Eizelle müsse gemäß EU-Recht als "menschlicher Embryo" angesehen werden, da die Befruchtung geeignet sei, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen, so der EuGH am Dienstag. Der Bundesgerichtshof muss jetzt ein abschließendes Urteil fällen, das den Vorgaben aus Luxemburg entspricht.



Die Luxemburger Richter unterstreichen, eine Erfindung sei dann nicht patentierbar, wenn das darin beschriebene Verfahren die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordere. Dies gelte auch dann, wenn bei der Beantragung des Patents die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt werde.



Greenpeace kommentierte, es sei "europäische Rechtsgeschichte geschrieben" worden. Der Gerichtshof habe den Schutz menschlichen Lebens gegenüber wirtschaftlichen Interessen deutlich gestärkt, so Christoph Then, Patent-Beraterbei der Umweltschutzorganisation.



Der Stammzellforscher Oliver Brüstle hatte bereits 1997 ein Patent auf die Verwendung von aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Körperzellen zu therapeutischen Zwecken angemeldet. Auf eine Klage der Umweltorganisation Greenpeace erklärte das Bundespatentgericht Brüstles Patent für nichtig. Greenpeace sieht in der Patentierung des Stammzellverfahrens eine Verletzung der guten Sitten und der öffentlichen Ordnung.



Richter folgen EuGH-Generalanwalt

Der Bundesgerichtshof beschloss im November 2009, die Entscheidung über eine Patentierung menschlicher embryonaler Stammzellen dem EuGH zu überlassen. Vor seiner Entscheidung wollte das Gericht in Luxemburg erfahren, wie das EU-Recht auszulegen sei.



Die Luxemburger Richter folgten weitgehend EuGH-Generalanwalt Yves Bot. Er hatte dafür plädiert, alle Zellen, die sich zu einem vollständigen Menschen entwickeln können, von der Patentierung auszuschließen. Auch Zellen, durch deren Gewinnung ein Embryo zerstört oder geschädigt werde, dürften nicht patentierbar sein, so der Generalanwalt. Die Menschenwürde gelte nicht nur für das geborene Kind, sondern auch für den menschlichen Körper vom ersten Stadium seiner Entwicklung an. Brüstle hatte die Haltung des Generalanwaltes kritisiert. Er befürchtete "gravierende Nachteile für die Entwicklung stammzellbasierter biomedizinischer Verfahren in Europa".



Kirchen lehnen Patent für embryonale Stammzellen ab

Die Kirchen in Deutschland warnen vor einer Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen und Stammzelllinien. Die Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten und Prälat Stephan Reimers, betonten im Vorfeld des Luxemburger Urteils, der menschliche Körper und seine Bestandteile dürften "nicht verzweckt und kommerzialisiert werden". --
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Nach Auffassung der Kirchen führt eine Patentierung zu einer Monopolisierung, bei der Leben exklusiv vermarktet und wirtschaftlich ausgenutzt werden solle. "Gerade menschliches Leben in seinem ungeschützten Anfang ist nicht verfügbar und kann nicht patentiert werden", so Jüsten.--