Entscheidung über Patentierbarkeit embryonaler Stammzellen

Urteil mit weitreichenden Folgen

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg fällt am Dienstag ein mit Spannung erwartetes Urteil zur Patentierbarkeit embryonaler Stammzellen. Folgt das Gericht dem Votum seines Generalanwalts, dann wird die Patentierung embryonaler Stammzellen in der EU verboten. Die Kirchen fordern dies schon lange.

 (DR)

Es geht um ein umstrittenes Patent des deutschen Stammzellforschers Oliver Brüstle. Dieser hatte bereits 1997 ein Patent auf die Verwendung von aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Körperzellen zu therapeutischen Zwecken angemeldet. Auf die Klage von Greenpeace erklärte das Bundespatentgericht Brüstles Patent für nichtig. Der Bundesgerichtshof beschloss daraufhin im November 2009, die Entscheidung über eine Patentierung menschlicher embryonaler Stammzellen dem EuGH zu überlassen. Greenpeace sieht in der Patentierung des Stammzellverfahrens eine Verletzung der guten Sitten und der öffentlichen Ordnung.



EuGH-Generalanwalt Yves Bot plädierte in seinem Schlussantrag dafür, alle Zellen, die sich zu einem vollständigen Menschen entwickeln können, von der Patentierung auszuschließen. Auch Zellen, durch deren Gewinnung ein Embryo zerstört oder geschädigt werde, dürften nicht patentierbar sein. Die Menschenwürde gelte nicht nur für das geborene Kind, sondern auch für den menschlichen Körper vom ersten Stadium seiner Entwicklung an, so der Generalanwalt.



Verstoß gegen die Ethik

Zwar verbiete die EU-Biopatentrichtlinie die Verwendung von menschlichen Embryonen nicht, wenn es ausschließlich um therapeutische oder diagnostische Zwecke zugunsten des Embryos gehe. Eine Erfindung industriell anzuwenden, die embryonale Stammzellen verwendet, hieße jedoch, menschliche Embryonen als banales Ausgangsmaterial zu benutzen, kritisierte Bot. Das sei ein Verstoß gegen die Ethik. In den meisten Fällen folgen die EU-Richter dem Plädoyer des Generalanwalts.



Brüstle hatte die Haltung des Generalanwaltes kritisiert. Er befürchtete "gravierende Nachteile für die Entwicklung stammzellbasierter biomedizinischer Verfahren in Europa". Zudem gehe der EuGH-Generalanwalt über die Position der EU-Kommission und der EU-Mitgliedstaaten hinaus.



Kirchen lehnen Patent für embryonale Stammzellen ab

Die Kirchen in Deutschland warnen vor einer Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen und Stammzelllinien. Die Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten und Prälat Stephan Reimers, betonten im Vorfeld des Luxemburger Urteils, der menschliche Körper und seine Bestandteile dürften "nicht verzweckt und kommerzialisiert werden". --
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Nach Auffassung der Kirchen führt eine Patentierung zu einer Monopolisierung, bei der Leben exklusiv vermarktet und wirtschaftlich ausgenutzt werden solle. "Gerade menschliches Leben in seinem ungeschützten Anfang ist nicht verfügbar und kann nicht patentiert werden", so Jüsten.--
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Eine Patentvergabe würde sich auf Industrie und Forschung in Europa insgesamt auswirken. Reimers forderte, den Nutzen der Patentierung für die Menschheit einerseits und die ethischen Einwände andererseits sorgfältig abzuwägen.