Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke wird 70 Jahre alt

Gelegen oder ungelegen

Er ist vielleicht der bekannteste Weihbischof Deutschlands. Er scheut keine Live-Auftritte in TV-Talkshows, auch wenn schon vorher klar ist, dass er an den Pranger gestellt wird. Und er ist der Vorkämpfer für den interreligiösen Dialog. Heute wird Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke 70 Jahre alt. Ein Porträt.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (KNA)
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke / ( KNA )

Gerade sah man ihn wieder an der Seite seines einstigen Lehrers Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI. Beim Gespräch des Papstes mit Muslimen in Deutschland war es der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der das Treffen als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog moderierte. Als 2010 die Debatte um sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen höchste Wellen schlug, war es vor allem Jaschke, der bei Plasberg, Illner, Maischberger und Lanz Gesicht zeigte für die katholische Kirche. Am Donnerstag wird Jaschke, seit über 22 Jahren Bischof im Norden, 70 Jahre alt.



Reich ist die Themenpalette, mit der Jaschke weit über Hamburg hinaus Bekanntheit erlangt hat. Als Islam-Experte setzt er sich dafür ein, dass Muslime ihren Glauben praktizieren, Moscheen bauen und ihre Kinder schulischen Religionsunterricht erhalten können. Zugleich fordert er Muslime auf, bei Muezzinruf und Minaretthöhe Fingerspitzengefühl walten zu lassen. Immer wieder lobt der Theologe das gute Verhältnis von Katholiken und Juden und ruft zu Wachsamkeit gegenüber jedweder Form von Juden-Feindschaft auf.



Promotion bei Ratzinger

Jaschke wurde am 29. September 1941 im oberschlesischen Beuthen geboren. Nach der Vertreibung siedelte sich seine Familie 1945 im niedersächsischen Bückeburg an. Auf das Theologie- und Philosophie-Studium in Frankfurt und Münster folgte 1967 die Priesterweihe. 1974 promovierte er in München bei Joseph Ratzinger. Entsprechend wird er jährlich im Spätsommer zu den Ehemaligen-Treffen nach Castel Gandolfo eingeladen, um mit seinem früheren Lehrer und seinen "Kommilitonen" zu diskutieren. Bis 1983 leitete Jaschke das Niels-Stensen-Kolleg in Münster, anschließend war er Pfarrer in Quakenbrück. Am 8. Januar 1989 empfing er in Osnabrück die Bischofsweihe; heute ist Jaschke Bischofsvikar im 1995 gegründeten Erzbistum Hamburg. In der Bischofskonferenz ist er auch für Bundespolizei und Bundesgrenzschutz zuständig.



Sein Geschick in ökumenischen Angelegenheiten kann Jaschke in der nordischen Diaspora hinreichend unter Beweis stellen. Nicht erst seit dem "ökumenischen Katholikentag" im Jahr 2000 in Hamburg trat der Geistliche immer wieder mit der evangelischen Bischöfin Maria Jepsen auf, deren Rücktritt im Juli 2010 er zutiefst bedauerte. Der gerngesehene Gast auf dem gesellschaftlichen Parkett scheut nicht das klare Wort. Er geißelt jede rechte Gesinnung als "braunen Sumpf", warnt Politik und Gesellschaft aber auch davor, auf dem linken Auge blind zu sein.



Wie ein altes Krokodil

Es ist kein Geheimnis, dass sich Jaschke, der in seiner Freizeit gern manche Fahrradrunde um die Alster dreht, auch die Leitung des Erzbistums Hamburg hätte vorstellen können. Doch die Gremien entschieden anders. Inzwischen sieht sich der Weihbischof - obwohl kein Fußballer - in der Position eines Libero: nicht in der Schusslinie bei Entscheidungen, aber "ich kann auch mal ein Tor schießen". Er habe schon viele Politiker und Bischöfe, evangelische wie katholische, "überlebt", sagt er schalkhaft. "Ich bin wie ein altes Krokodil, das immer noch schwimmt."



Zum Geburtstag wünscht er sich, dass die Kirche aus dem "schrecklichen und beschämenden Tief" herauskommt, in das sie die Aufdeckung der Missbrauchsfälle hinabgezogen habe. Und: Der Mann, der gelegentlich mit progressiven Bemerkungen etwa über den Pflichtzölibat von sich reden macht, möchte die Eucharistie, die Mahlfeier der Katholiken, neu zum Thema machen. Durch Priestermangel und wachsende Seelsorgeeinheiten bestehe die Gefahr, dass die Gemeinden die Eucharistie als gottesdienstliche Grunderfahrung der Kirche verlieren.



Zum runden Geburtstag seines Mitbruders lädt Erzbischof Werner Thissen zu einem Festakt in die Katholische Akademie, bei dem der Feuilleton-Chef der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Patrick Bahners, den Festvortrag halten wird. Statt persönlicher Geschenke wünscht sich Jaschke Spenden zugunsten der Caritas Schleswig-Holstein, denn deren Vorsitzender ist er auch noch.