Ein unabhängiger, souveräner Staat Palästina ist in den USA umstritten

Diplomatisches Dilemma

Noch vor einem Jahr verbreitete US-Präsident Barack Obama auf der UN-Vollversammlung Optimismus: Wenn alle Seiten sich bemühten, könnte im Jahr 2011 ein neues Mitglied bei den UN begrüßt werden, ein unabhängiger, souveräner Staat Palästina, sagte er damals. Das Ziel ist seit Obamas Rede in weitere Ferne gerückt, und der Präsident steht vor einem Dilemma.

 (DR)

Der US-Präsident muss nun erklären, warum er einen palästinensischen Staat unterstützt, den erwarteten palästinensischen Antrag auf eine Anerkennung durch die UN aber ablehnt.



Obamas mit Spannung erwartete Rede vor der Vollversammlung könnte auch Einfluss auf seine Chancen auf eine Wiederwahl haben. Dies wurde am Dienstag deutlich, als der republikanische Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Rick Perry, den Präsidenten für seine Nahost-Politik scharf kritisierte. Die Lage wäre heute nicht so prekär, "wenn die Obama-Politik im Nahen Osten nicht naiv, arrogant, fehlgeleitet und gefährlich wäre", sagte er.



Bisher haben Regierungsvertreter Obamas Haltung mit praktischen Erwägungen begründet. Sie erklärten, eine UN-Mitgliedschaft der Palästinenser gegen den Widerstand Israels würde eine Rückkehr zu direkten Friedensgesprächen nur erschweren. "Der Präsident wird anführen, dass Frieden letzten Endes zwischen den Beteiligten geschlossen werden muss", sagte der stellvertretende Sicherheitsberater Ben Rhodes. "Es gibt keine Abkürzung."



Abstimmung erst in Tagen oder Wochen

US-Diplomaten bemühten sich, genug Stimmen gegen eine Resolution zusammenzubekommen, damit ein amerikanisches Veto unnötig wird. Auch europäische und arabische Vertreter versuchten, den palästinensischen Antrag noch abzufangen oder zumindest seine Auswirkungen zu mildern. Es galt allerdings als unwahrscheinlich, dass der palästinensische Präsident Mahmud Abbas auf seinen angekündigten Antrag noch verzichten würde.



Abbas wollte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Antrag am Freitag überreichen. Diplomaten verwiesen darauf, dass die Beratungen innerhalb des Sicherheitsrats eine Abstimmung um Tage, Wochen oder sogar länger verzögern könnten.



Optimismus währte nur kurz

Zum Zeitpunkt von Obamas Rede im vergangenen Jahr waren die neuen Friedensgespräche gerade ein paar Wochen alt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte einem vorübergehenden Baustopp in den israelischen Siedlungen im Westjordanland zugestimmt. Kurz nach Obamas Rede lief das Moratorium jedoch aus, und Netanjahu verlängerte es nicht. Die direkten Gespräche wurden bald abgebrochen und Abbas" Entscheidung für einen Antrag auf Anerkennung durch die UN gewann in den folgenden Monaten an Dynamik.