Wulff und Gül in Osnabrück

Im Schatten Ankaras

Bundespräsident Christian Wulff hat gemeinsam mit dem türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül seine Heimatstadt Osnabrück besucht. Der Empfang im historischen Rathaus wurde überschattet von einer tödlichen Explosion in der türkischen Hauptstadt Ankara.

Autor/in:
Malte Werner
 (DR)

Gül sprach von "Terror gegen die Zivilbevölkerung". Ungeachtet der Vorfälle setzten die Staatsoberhäupter ihr Programm fort. Gül reagierte bestürzt auf die Explosion. Als er in das Flugzeug gestiegen sei, habe er erfahren, "dass es in Ankara zu einem Attentat kam und dass dabei leider auch Menschen ums Leben gekommen sind". Offiziellen Angaben zufolge starben durch die Detonation in der Innenstadt drei Menschen. Gül sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.



Sein deutscher Amtskollege Wulff äußerte sich nicht direkt zu den Vorfällen. Seiner Geburtsstadt, in der 1648 der Westfälische Frieden geschlossen wurde, dankte er jedoch dafür, "dass sie die Konsequenzen aus Krieg und Frieden richtig gezogen hat." Er sprach davon, miteinander "friedfertig und weltoffen" umzugehen. Gül lobte, dass Osnabrück als Friedensstadt eine sehr wichtige Funktion einnehme und die Menschen dort in Harmonie lebten.



Keine Änderung des Protokolls wegen der Explosion in Ankara

Mit der Einladung in seine niedersächsische Geburtsstadt revanchiert sich Wulff für einen Besuch in Güls Heimat Kayseri im vergangenen Oktober. Bei ihrer Ankunft am Rathaus wurden sie von mehreren Hundert Schaulustigen unter großem Beifall begrüßt. Es folgte ein Bad in Menge. Am Rande protestierten Anhänger lautstark für den inhaftierten Führer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan.



Nachdem sich die Staatsoberhäupter und ihre Gattinnen ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hatten, zeigte Wulff seinem Amtskollegen die Marienkirche und den Dom. Im Anschluss zogen sie sich zu einem Mittagessen in ein Restaurant der Osnabrücker Altstadt zurück.



Das Protokoll sah im Anschluss einen Besuch bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt sowie eine Diskussionsrunde mit Studenten und Wissenschaftlern am Zentrum für Interkulturelle Islamstudien der Universität Osnabrück geplant vor. (Hören Sie im domradio.de-Interview den Leiter des Zentrums, den Islamwissenschaftler Prof. Bülent Ucar.)



Vor seinem Besuch hatte Gül mit Kritik an der deutschen Einwanderungspolitik für Aufsehen gesorgt. In einem ZDF-Interview hatte er gerügt, das verschärfte deutsche Einwanderungsrecht widerspreche den Menschenrechten. Eine Rede Güls in der Berliner Humboldt-Universität am Montagabend konnte wegen einer Bombendrohung erst mit mehrstündiger Verspätung beginnen.



In Deutschland leben etwa 2,5 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln, ein Drittel hat einen deutschen Pass.