Die Debatte um den Mindestlohn

Ein zentrales Thema

Kommt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn? Am Wochenende wurde das diskutiert. Arbeitsministerin von der Leyen hatte sich zuvor zum Thema geäußert – und wurde missverstanden, sagt sie nun. Der katholische Sozialethiker Arnd Küppers ordnet die Debatte im domradio.de-Interview ein.

 (DR)

domradio.de: Wie beurteilen sie diese Ankündigung der Arbeitsministerin?

Küppers: Es ist mal wieder viel Lärm um relativ wenig. Was hat die Ministerin gesagt? Dass in Deutschland Einigkeit darüber herrscht, dass derjenige, der 40 Stunden in der Woche arbeitet, von seinem Lohn auch leben können sollte. Der politische Streit, den wir nun seit einigen Jahren haben, geht darüber, welches das beste Mittel ist, um das zu erreichen. Die einen plädieren für einen flächendeckenden Mindestlohn, die anderen für ein Eingreifen konkret in den Branchen, in denen Dumpinglöhne gezahlt werden. Und dieses Modell der branchenbezogenen Mindestlöhne unter Beteiligung der Tarifpartner ist ja seinerzeit als Kompromiss von der Großen Koalition eingeführt worden. Und wie das häufig bei Kompromissen ist: das ist gar keine schlechte Lösung gewesen. Denn Schmutzkonkurrenz und Dumpinglöhne werden bekämpft, aber das Subsidiaritätsprinzip wird gewahrt. Und auch die Tarifautonomie bleibt intakt. Ich verstehe Ursula von der Leyen so, dass sie jetzt nicht plötzlich einen flächendeckenden Mindestlohn fordert, sondern dass sie meint, dass über kurz oder lang in allen Branchen Mindestlöhne existieren werden. Da würde ich sagen: das bliebe abzuwarten. Es gibt jedenfalls Branchen mit äußerst starken Gewerkschaften.



domradio.de: Voraussetzung sei, so von der Leyen, dass die Höhe des Mindestlohns unabhängig vom Staat unter Beteiligung der Tarifpartner gefunden werde. Wie wichtig ist diese Einschränkung?

Küppers: Das ist eine wichtige Einschränkung. Denn wir haben in Deutschland nicht ohne Grund die Tarifautonomie. Der Staat hält sich aus der Lohnfindung weitestgehend raus und überlässt das den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Das hat sich bewährt, das ist ein integraler Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft. Jetzt haben wir das Problem, dass dieses Problem in manchen Branchen und manchen Tarifbezirken nicht mehr funktioniert. Und da muss eine Lösung her. Und das Modell der Branchenmindestlöhne wahrt den Grundsatz der Tarifautonomie.



domradio.de: Wie müsste der mindeste Mindestlohn ausfallen?

Küppers: Die Frage des gerechten Lohnes ist ganz zentral, auch für die kirchliche Zentrallehre. Das ist so was wie das Geburtsthema. Insofern die 7,50 Euro, die in der Debatte diskutiert werden,  eine Hausnummer, die sehr gut diskutiert werden kann. Wo ich aber davor warnen würde, dass das per Order di Mufti vom Staat verordnet wird ohne Beteiligung der Tarifpartner. Damit wird nicht berücksichtigt, dass in manchen Branchen dieser Mindestlohn zu hoch sein könnte.



Zur Person: Dr. Arnd Küppers, ist der stellvertretende Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach.



Das Gespräch führte Monika Weiß - hören Sie es hier in voller Länge nach.