Der schwere Dialog zwischen Israel und Palästina bei Sant'Egidio

Die Zukunft im Mund, die Vergangenheit im Blick

Seit Sonntag haben mehrere tausend Teilnehmer das internationale Friedenstreffen besucht, nun endet die Begegnung. Zum Abschluss wurde die Frage erörtert: Ist Frieden zwischen Israelis und Palästinensern überhaupt möglich? Mit einem ernüchternden Fazit.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

"Wenn ihr es wollt, ist es kein Traum." Dieser Satz des österreichisch-jüdischen Schriftstellers Theodor Herzl (1860 bis 1904) hing in der Luft bei diesem Podiumsgespräch. Inmitten der verspielt-üppigen Rokoko-Dekoration des Münchner Cuvillies-Theaters wurden am Dienstag gravierende Dinge erörtert: Ist Frieden zwischen Israelis und Palästinensern überhaupt möglich? Dabei wurde klar: Der Weg aus diesem "Labyrinth der Worte und Versprechungen", wie der italienische Journalist Antonio Ferrari die Situation umschrieb, wird auch beim internationalen Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant"Egido nicht gefunden.



Mit einem flammenden Plädoyer verteidigte Mahmoud Al Habash, Minister für Religiöse Angelegenheiten der Palästinensischen Autonomiebehörde, die geplante Anerkennung Palästinas als eigenen Staat. Der Streit darüber steht in der kommenden Woche bei der UNO auf der Tagesordnung. Dem ewigen Reden über den Frieden müssten endlich Taten folgen. Dabei verglich er die Situation mit einem täglich kranker werdenden Patienten, dem von den Ärzten das eine, rettende Medikament immer nur versprochen, doch nie verabreicht werde.



Auf die Kraft der Worte setzen

Ein selbstständiges Palästina in den Grenzen von 1967 forderte Habash. Erst wenn die von vielen befürwortete Zwei-Staaten-Lösung verwirklicht sei, könnten "echte Verhandlungen" beginnen. Auf israelischer Seite ist man da ganz anderer Ansicht und weiß sich des Rückhalts des amerikanischen Partners sicher. Die USA haben ihr Veto im Sicherheitsrat angekündigt.



Nicht minder leidenschaftlich plädierte der israelische Wissenschaftsminister Daniel Hershkowitz dafür, um des Friedens willen auf die Kraft der Worte zu setzen. Es müsse erst weiter verhandelt werden. Bei jeder jüdischen Zeremonie stehe am Ende das Gebet für den Frieden. Mit Gesprächen und Gebeten sei über die Jahre schon viel erreicht worden, so Hershkowitz. Das zeige auch die Annäherung an Ägypten. Beide Minister beschworen den Blick nach vorn. Doch wie sehr die Vergangenheit auch auf ihnen persönlich lastet, verschwiegen sie auch nicht.



Ernüchterndes Fazit

Hershkowitz erzählte von seinen Eltern. Sie überlebten beide die Konzentrationslager der Nazis, während die meisten ihrer Verwandten den Tod in den Gaskammern fanden. Habashs Vater wiederum wurde ein Opfer des Nahostkonflikts, er selbst ist in einem Flüchtlingslager geboren. Seinen Kindern möchte er eine bessere Zukunft ermöglichen, sagt er. Doch wenn er sehe, wie die Israelis für ihre Siedlungen die Orangenplantagen der Palästinenser niederbrennen und die Olivenbäume abholzen, habe er Zweifel, ob dies gelinge.



Kein religiöser Konflikt sei dies, sondern ein "rein territorialer Konflikt", betonte Elias Chacour. Der griechisch-katholische Erzbischof von Galiläa nennt sich selbst einen "personifizierten Widerspruch", als arabischer Palästinenser und Christ mit israelischem Pass. Beide Seiten rief er dazu auf, endlich zu erkennen, dass sie nur gemeinsam stark seien. Ein jeder habe ein Recht auf ein Land. Letztlich aber gehe es darum, für alle mehr Sicherheit zu bekommen. Ebenso müsse aber auch die Frage der Gerechtigkeit beantwortet werden, diese sei im Konflikt bisher außen vor.



Und so zog der italienische Journalist Ferrari ein ernüchterndes Fazit. Frieden für die Region werde es vermutlich erst in der nächsten oder übernächsten Generation geben, mutmaßte er. Denn die jungen Leute seien nicht gefangen in der Vergangenheit, sie könnten die Zukunft gestalten. Vielleicht ließe sich dann auch Habashs Traum für die heiligen Stätten der Juden, Muslime und Christen verwirklichen. Sie gehörten niemandem, betonte der Minister. Und deshalb sollten sie für alle zugänglich sein.