Zollitsch würdigt Prälat Jüsten zum 50. Geburtstag

Verbindungsmann zur Regierung

Erzbischof Zollitsch hat den Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Jüsten, gewürdigt. Er sei nicht nur ein "wunderbarer Kommunikator", sondern auch ein glaubwürdiger Vertreter einer vorurteilsfreien Kirche. So Zollitsch bei einem Empfang zum 50. Geburtstag Jüstens.

Autor/in:
Jutta Wagemann
 (DR)

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz erinnerte an den Aufbau des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin im Jahr 2000 nach dem Umzug der Bundesregierung. Jüsten sei bei der Amtsübernahme nicht nur einer der jüngsten Prälaten gewesen, sondern "der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort".



"Der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort"

An dem Empfang in den Räumen der Katholischen Akademie nahmen auch der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Périsset, und der neue Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki teil. Auch die evangelischen Kirche und die jüdische Gemeinschaft waren vertreten. Zollitsch lobte die "gute und vertrauliche" Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei gemeinsamen Anliegen gegenüber der Politik. Auch der Bevollmächtige des Rates der EKD in Berlin, Prälat Bernhard Felmberg, zeigte sich erfreut über das ökumenische Miteinander beider Vertretungen in Berlin. Das gemeinsame Auftreten der Kirchen habe "Gewicht" in der Hauptstadt.



Von Seiten der Politik waren Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), dessen Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD), die Bundesminister Annette Schavan (CDU), Philipp Rösler und Guido Westerwelle (beide FDP) sowie zahlreiche Vertreter aus den Ministerien und dem Parlament gekommen. Lammert bescheinigte Jüsten einen "souveränen Umgang" auch mit solchen Themen bei denen man trotz gleicher ethischer Grundprinzipien zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen könne.



Jüsten: An der Seite der Menschen

Jüsten betonte in einer Dankadresse, dass der Weg der Kirche an der Seite der Menschen sei und von Barmherzigkeit geprägt sein müsse. Es sei ihm wie den Mitarbeitern im Katholischen Büro über alle Sacharbeit hinaus ein Anliegen, als Menschen zu wirken, die Zeugnis von der Zuwendung Gottes zu den Menschen Zeugnis ablegten.



Im vergangenen Jahr hatte den Rheinländer mit der runden Brille der Humor verlassen. Es gab Momente, da wirkte Karl Jüsten regelrecht niedergeschlagen. Fast täglich wurden neue Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen bekannt. Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin war erschüttert von dem, was zutage trat. Und er war voller Sorgen: Wohin wird diese Krise seine Kirche treiben? Die Frage ist geblieben, zu verzagen ist Jüstens Sache nicht.



Seit 2000 Leiter des Kommissariat der Deutschen Bischöfe in Berlin

In der katholischen Kirche ist ein 50-Jähriger noch ein junger Mann. Jüsten, der das Kommissariat der Deutschen Bischöfe in Berlin leitet und damit ihr wichtigster Verbindungsmann zur Bundesregierung und zum Bundestag ist, wirkt zudem noch immer jugendlich. Der Arztsohn, der mit fünf Geschwistern aufwuchs, lacht gerne spitzbübisch und ist schlagfertig. Den leichten rheinischen Singsang hat er auch nach elf Jahren Berlin nicht abgelegt.



Es wäre allerdings leichtsinnig, Jüsten zu unterschätzen. Im Jahr 2000, im Alter von gerade mal 38 Jahren, wurde er Nachfolger von Paul Bocklet. Der damals 71-Jährige hatte 22 Jahre lang das Katholische Büro geleitet und war am Regierungssitz eine Institution. Ihm folgte mit dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin ein Grünschnabel: Der promovierte Theologe Jüsten war zuvor Kaplan in Köln und am Kölner Priesterseminar sowie schließlich für die theologische Personalplanung im Erzbistum Köln zuständig. Einzig seine Doktorarbeit mag eine Vorbereitung auf das neue Amt gewesen sein: "Ethik und Ethos der Demokratie".



Politisch sensible Fragen regelt er im direkten Gespräch

Doch im Hintergrund Fäden zu ziehen - ein Kölner würde sagen: zu klüngeln -, das beherrscht Jüsten. Er erwarb sich rasch das Vertrauen vieler Politiker jeder Couleur. Politisch sensible Fragen regelt er im direkten Gespräch und trägt nichts nach außen. Häufig arbeitet Jüsten dabei mit seinem evangelischen Pendant zusammen, dem Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bernhard Felmberg.



Strittige Punkte spricht Jüsten offen an. Wenn sich die EKD in zentralen bioethischen Fragen - etwa bei der Novellierung des Gesetzes zum Import embryonaler Stammzellen oder bei der Präimplantationsdiagnostik - nicht auf einer Linie mit der katholischen Kirche befindet, bedauert er das. Dann spricht er offen von einer Belastung des ökumenischen Verhältnisses.



"Als Kirche sind wir in die Welt gesandt"

Es wundert nicht, dass Jüsten für eine Kirche eintritt, die in der Gesellschaft mitmischt. "Als Kirche sind wir in die Welt gesandt", sagt er. Deshalb beobachtet Jüsten mit Sorge Tendenzen in der katholischen Kirche, sich nach dem Missbrauchsskandal in den Elfenbeinturm zurückzuziehen. Eine nur noch auf sich bezogene Kirche der Frömmigkeit passt nicht zu seinem Kirchenverständnis.



In der Bundeshauptstadt ist Jüsten auch als Seelsorger unterwegs. Regelmäßig bietet er Morgenandachten im Bundestag an, daneben Messen für katholische Abgeordnete im Advent und in der Fastenzeit. Auch katholische Journalisten werden von Jüsten mehrfach im Jahr zum Gottesdienst eingeladen. Networking und Seelsorge sind für Jüsten kein Gegensatz.