Madrid 2011 setzt Erfolgskurs der Kirchentreffen fort

Stürmischer Weltjugendtag

Papst Benedikt XVI. hat den Weltjugendtag (WJT) in seinem 27. Jahr weiter auf Erfolgskurs gehalten. 470.000 Dauergäste kamen in die spanische Hauptstadt. Bei den Schlussveranstaltungen waren es eineinhalb Millionen, mehr als vor sechs Jahren in Köln. Eine Bilanz von Johannes Schidelko.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Es drohte das stürmische Ende eines ungewöhnlichen Weltjugendtags zu werden. Heftiger Regen, Wind und Gewitter zwangen den Papst am Samstagabend, seine Gebetswache mit rund einer Million Gläubigen auf dem Madrider Flughafengelände "Cuatro Vientos" zu unterbrechen. Aber Benedikt XVI. harrte aus, und als er nach 20 Minuten die Zeremonie wieder fortsetzte, war die Begeisterung riesig. "Wir sind die Jugend des Papstes", jubelte die Menge.



Dank südländischem Klima und Ambiente wirkte das Treffen noch lebendiger und ausgelassener als in früheren Jahren, damit jedoch nicht oberflächlicher. Benedikt XVI. schwor die jungen Katholiken aus aller Welt auf ihren Glauben ein: Christus müsse im Mittelpunkt des Lebens stehen - und nicht Ideologien. Trotz verbreiteter Gottesfinsternis sollten sich die jungen Katholiken nicht ihres Glaubens schämen, sondern ihn in der Gemeinschaft der Kirche bekennen und für ihn werben.



Mitten in einer Krisensituation

Zum ersten Mal fand das internationale Treffen der katholischen Jugend mitten in einer Krisensituation in einem tief gespaltenen und verunsicherten Land statt. In einem Land mit offener Regierungskrise, in dem eine monatelange Protestwelle vorgezogene Neuwahlen erzwungen hat. Diese Spannungen wirkten in den WJT hinein, haben ihn aber nicht überschattet. Sie machten ihn sogar, was seine Vernetzung in der Gesellschaft betrifft, glaubwürdiger und authentischer. Madrid 2011 war mehr als eine losgelöste fromme Party mit Halleluja-Gesängen. Mit der Protestbewegung der "Indignados" gab es nach anfänglichen Zusammenstößen am Ende sogar noch eine Versöhnungsdiskussion.



Zugleich hat Benedikt XVI. dem Weltjugendtag ein schärferes geistlich-spirituelles Profil gegeben: mehr Meditation, mehr Gebet. Die Gebetswache der stürmischen Samstagnacht mündete nicht in Musik und Gesang, sondern in eine Eucharistische Anbetung. Erstmals nahm der Papst beim Weltjugendtag einigen Teilnehmern die Beichte ab. Eine weitere Premiere war das Treffen mit jungen Universitätsdozenten, das dem früheren Theologie-Professor den Rahmen zu einer weiteren Grundsatzrede über das Verhältnis von Glaube und Vernunft bot. Aber in Madrid erklang auch Sacropop, man hörte eingängige Taize-Lieder wie strengen Gregorianischen Choral.



Kritische Regierung

Der politische Teil der 20. Auslandsreise von Benedikt XVI. nahm unterdessen eine andere Entwicklung als geplant. Da ein religiöses Ereignis im Vordergrund stand und da die Staat-Kirche-Beziehungen in Spanien besonders delikat sind, sollte Politik ursprünglich außen vor bleiben. So erwähnte Benedikt XVI. bei seiner Ankunft in Anwesenheit von König Juan Carlos nur eher beiläufig einen "Anlass zur Sorge", den die Spanier jedoch sicher überwinden würden. Die Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen, auf Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch und Christenverfolgung galten dagegen generell der internationalen Lage.



Dann jedoch gab der spanische Regierungssprecher einen schroffen Kommentar zu dieser Papstrede ab: Der Respekt gegenüber Papst und Kirche hindere die Regierung nicht, Gesetze zur Liberalisierung von Abtreibungen oder von Homosexuellen-Ehen zu erlassen. Der Vatikan ging - sichtlich überrascht - nicht näher darauf ein. Papstreisen und Höflichkeitstreffen seien nicht der Rahmen für Verhandlungen über Sachfragen, sondern dienten nur dem Meinungsaustausch, versuchte Vatikansprecher Federico Lombardi die Wogen zu glätten. Bleibt abzuwarten, ob diese ungewöhnlich offene Konfliktansprache neue Maßstäbe für künftige Reisen setzt.



Generell hat der Weltjugendtag deutlich gemacht, dass auch in der Generation Facebook der Wunsch nach persönlicher Begegnung und Gemeinschaft besteht. Allerdings hat Madrid auch gezeigt, dass die Kirche für solche Massenevents kommunikationstechnisch und organisatorisch noch nachbessern muss. Denn die mobil vernetzte Jugend ist hier inzwischen anspruchsvoller.



Am Sonntagmorgen feierte bei strahlendem Sonnenschein eine schier unübersehbare Menschenmenge mit dem Papst die Abschlussmesse. Dabei kündigte Benedikt XVI. an, dass der nächste Weltjugendtag 2013 in Brasilien stattfinden soll, in Rio de Janeiro.