Jesuit Jörg Alt hat Idee der Transaktionssteuer populär gemacht

Erfolg des "Berliner Terriers"

"Bundesregierung und Bundestag werden aufgefordert, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen." Als der Nürnberger Jesuit Jörg Alt im November 2009 eine Petition mit diesem Wortlaut einreichte, erklärte ihn so mancher für verrückt. Inzwischen nicht mehr.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

Vor zwei Jahren schien das Ziel mit einer schwarz-gelben Bundesregierung unerreichbar. Doch der 49-jährige Pater gab als Koordinator der Kampagne "Steuer gegen Armut" nicht auf. So wie er nie aufsteckt, wenn es um die Rechte Illegaler oder die Anliegen der Menschen in Lateinamerika geht. Das Ergebnis des deutsch-französischen Gipfels gibt ihm nun Recht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben für die Eurozone eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer vorgeschlagen.



Doch was ist das Erfolgsmodell des Jesuiten? "Mein Ruf", sagt er: "Berliner Terrier: Wenn der Alt anruft, mache ich besser mit, denn der kann nervig sein." So ist es kein Wunder, dass in der von ihm mitinitiierten Kampagne nicht nur Entwicklungshilfeorganisationen, Sozialverbände, Kirchen und die drei großen Oppositionsparteien im Bundestag mit von der Partie sind, sondern auch ein CSU-Politiker und Banken. Der Pater, der als Studentenseelsorger und in der Jesuitenmission in Nürnberg tätig ist, hat dabei auch keine Hemmungen, mit der Kommunistin Sarah Wagenknecht (Die Linke) auf einem Podium zu sitzen.



Schon Jesus hat sich gegen die Geldhändler gestellt

Trotzdem ist Alt vom Erfolg der Kampagne selbst überrascht. Nicht nur die Zahl der 32 Gründungsorganisationen hat sich längst mehr als verdoppelt, auch die für die Petition nötigen 50.000 Unterschriften kamen in wenigen Wochen zusammen. Verantwortlich dafür sei vielleicht das Konzept der Transaktionssteuer, gepaart mit dem Empfinden der Bürger, mutmaßt der Pater: "Die haben die Schnauze voll von Bankern und Boni. Und die Steuer basiert auf der Robin-Hood-Idee." Außerdem habe er noch nie verstanden, "warum auf jedes Gummibärchen und jede Windel Steuern zu zahlen sind, nicht aber bei Finanztransaktionen".



Zunutze seien ihm auch die Kontakte aus seinen früheren Kampagnen gegen Landminen oder für mehr Rechte von illegal in Deutschland lebenden Ausländern gekommen. Ein weiterer Vorteil: "Ich bin kein Experte und kann komplizierte Sachverhalte so erklären, dass sie auch andere verstehen." Abgesehen davon hält er den Vorschlag, jede Art von Finanztransaktion mit einer mindestens 0,05-Prozent-Steuer zu belegen, auch für einen christlichen. Schon Jesus habe sich gegen die Geldhändler gestellt, sagt er.



Projekt mit "missionarischer Qualität"

Alt, der mal mit dem Gedanken gespielt hat, Politiker zu werden, ist vor allem Entwicklungshelfer. Die Schrift "Glaube und Gerechtigkeit" der Jesuiten führte ihn 1981 zum Orden. Seine Zeit bei den Maya im zentralamerikanischen Belize habe auch bei der Idee zur Kampagne eine wichtige Rolle gespielt. Dort hatte er erlebt, wie Getreide durch Spekulationen so teuer wurde, dass Menschen sich kein Brot mehr leisten konnten. Deshalb dürfe es bei der Steuer auch nicht darum gehen, die Staatshaushalte zu sanieren, sondern die Entwicklungshilfe und den Klimaschutz zu fördern.



Dafür wollen Alt und seine Mitstreiter nun nach dem Beschluss von Merkel und Sarkozy weiter kämpfen. Das öffentliche Bekenntnis reiche noch nicht, sagt Alt, dessen Engagement auch dank "verständnisvoller Chefs" bei den Jesuiten möglich sei. Schließlich habe sein Projekt auch "missionarische Qualität", erklärt Alt und zitiert einen Unterstützer: "Schade, dass ich von so einem Engagement nichts gewusst habe, bevor ich aus der Kirche ausgetreten bin."