Papst trifft beim Weltjugendtag Königspaar und betet Kreuzweg

Heiteres Fest und stille Momente

König Juan Carlos und Königin Sophia, Ministerpräsident Zapatero, Ordensleute und Dozenten - an seinem ersten vollen WJT-Tag hat Papst Benedikt XVI. einen wahren Besuchsmarathon absolviert. Am Abend folgte die Hauptveranstaltung des Tages: der Kreuzweg in der Innenstadt von Madrid.

 (DR)

Madrids Bürgermeister überreichte ihm die Schlüssel seiner Stadt. Begleitet von fünf Jugendlichen aus allen Kontinenten betrat Papst Benedikt durch die Puerta de Alcala die Metropole Madrid, die damit zur "Welthauptstadt der Jugend" wurde. Als Erstes pflanzte der Papst am Torbogen einen Baum. Mit symbolischen Gesten und einem heiteren Fest hatte am Donnerstagabend der 26. Weltjugendtag mit dem Papst begonnen.



Ein Meer von Fahnen aller Nationen, Sprechchöre, "Benedicto"-Rufe und eingängige Weltjugendtagslieder prägten die Willkommensfeier auf der Plaza de Cibeles. "Ich bin sehr glücklich, hier bei euch zu sein", rief Benedikt XVI. der begeisterten Menschenmenge zu, die ihn immer wieder hochleben ließ. "Sucht nicht eine Idee, eine Ideologie oder einen Slogan, sondern eine Person: Jesus Christus", mahnte er vor rund einer halben Million Teilnehmern.



Stille Momente



Auf das heitere Begrüßungsfest folgten am Freitagmorgen zwei eher stille Momente weit abseits der überfüllten Hauptstadt. An historischer Stätte im monumentalen Klosterkomplex El Escorial traf Benedikt XVI. mit zwei ganz besonderen Gruppen katholischer "Jugendlicher" zusammen: Mit jungen Ordensschwestern und mit jungen Universitätsdozenten.



Inmitten einer heute verbreiteten "Gottesfinsternis" und Ablehnung des Christentums sei eine Radikalität der Christusnachfolge notwendig, wie sie von Ordensleuten vorgelebt werde. Im Innenhof des zum Weltkulturerbe zählenden Klosters hatten sich 1.600 junge Ordensfrauen aus unterschiedlichsten Gemeinschaften versammelt. Es dominierten die Spanierinnen. Aber ebenso auffallend waren die vielen Afrikanerinnen - die deutlich machten, dass das Ordensleben neben einem schmerzlichen Rückgang in Teilen der westlichen Welt andernorts im Aufwind steht.



Treffen mit Dozenten



Die "Radikalität" komme in der kirchlichen Gemeinschaft der Ordensleute zum Ausdruck, aber auch in ihrer Sendung und ihrer Mission in vielen Feldern: im Erziehungsbereich, im Dienst für Alte und Kranke, für das Leben, für Frieden, im Dienst der Neuevangelisierung. "Die Kirche braucht eure junge Treue", rief Benedikt XVI. den Ordensfrauen zu.



Die anschließende Begegnung mit jungen Universitätsdozenten fand in der weltberühmten Klosterkirche mit ihrer gewaltigen Altarwand statt. Hier setzte Benedikt XVI. seine bei etlichen Auslandsreisen thematisierten Überlegungen zum Verhältnis von Glaube und Vernunft, Religion und Bildung fort. Bewegt erinnerte der 84-jährige Papst an seine Zeit als junger Theologieprofessor in Bonn.



Entschieden wandte er sich gegen eine nur auf Nützlichkeitsüberlegungen ausgerichtete Auffassung von Bildung. Die Folgen könnten dramatisch sein: von Missbräuchen einer Wissenschaft, die keine Grenzen über sich anerkenne, bis zum politischen Totalitarismus. Die Aufgabe des Universitätsprofessors dürfe sich nicht darauf beschränken, kompetente Fachleute gemäß den Nachfragen von Arbeitsmarkt und Konjunkturlage zu produzieren. Davor könne eine "echte Idee der Universität" bewahren - die Universität als Ort, wo man die Wahrheit vom Menschen sucht.



"Suche die Wahrheit, solange du jung bist"



Viele der Zuhörer trugen ihren Universitätstalar, manche auch eine historische Pelzmütze und Umhänge in unterschiedlichen Farben. Da saß etwa der 37-jährige Ingenieur Federico Dorado aus Madrid neben seinem Landsmann Jose Maria (38), der für die NASA arbeitet und zwischen Spanien und Kopenhagen pendelt. Sie fühlten sich durch die Einladung zum Papsttreffen geehrt. Ebenso eine junge Pädagogik-Professorin: Der Papst habe selbst viele Jahre an einer Universität gelehrt. "Er kennt unsere Arbeit und unsere Probleme."



Zum Schluss seiner Rede zitierte der Papst den Philosophen Platon: "Suche die Wahrheit, solange du jung bist, denn wenn du es nicht tust, wird sie dir dann zwischen den Händen zerrinnen." Dieses erhabene Streben sei "das Wertvollste, das Sie persönlich und lebendig an Ihre Studenten weitergeben können, nicht bloß einige instrumentelle und anonyme Techniken oder einige nüchtern, bloß funktionell verwendete Daten", sagte der Papst den Akademikern.





Hauptveranstaltung Kreuzweg



Papst Benedikt XVI. traf am zweiten Tag seines Spanienbesuchs außerdem mit König Juan Carlos zusammen. Nachmittags stand eine Unterredung mit Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero auf dem Programm. Es handle sich um einen Höflichkeitsbesuch; die Erörterung von Fragen des Verhältnisses zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl stehe nicht auf dem Programm, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi im Vorfeld der Begegnung vor Journalisten in Madrid. Zwischen der sozialistischen Regierung und der katholischen Kirche des Landes gab es immer wieder Spannungen um Familienpolitik und Lebensschutz.



Für die 440.000 Teilnehmer des Katholikentreffens war  die Hauptveranstaltung des Tages ein Kreuzweg in der Innenstadt: Am frühen Abend meditierte Benedikt XVI. über die Stationen des Leidens Jesu. Dazu wurden 15 historische Figurengruppen aus verschiedenen Regionen Spaniens nach Madrid gebracht. Die Gebete selbst wollen auf Leiden der heutigen Zeit verweisen: Krieg, Verfolgung, Drogenabhängigkeit, Terrorismus oder Ausgrenzung.



Verschiedene Gruppen junger Menschen trugen das 1984 von Johannes Paul II. geschenkte "Kreuz der Jugend" auf dem knapp einen Kilometer langen Weg. Der Kreuzweg behandelt aktuelle Situationen des Leidens in der Welt. Im Gebet gedachten die Jugendlichen solcher Probleme wie Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Drogen und Aids, aber auch des Hungers und der Naturkatastrophen in einigen Teilen der Welt. An der ersten Station trugen Jugendliche aus dem Heiligen Land das Kreuz und baten um Gebet für Konfliktgebiete. Auch junge Menschen aus Ländern, in denen Christen diskriminiert oder verfolgt werden, waren an der Prozession beteiligt. Begleitet wurde die Zeremonie von meditativer Taize-Musik. Anders als beim Willkommensfest für den Papst am Vorabend verfolgten die Jugendlichen zwischen den beiden Plätzen das Ereignis ruhig und konzentriert.



Gegen Ende der Veranstaltung wollte sich der Papst mit einer geistlichen Ansprache an die Jugend wenden. Zum Abschluss war ein gemeinsames Gebet an der 15. Station, einer Marienstatue aus Sevilla, geplant. Das 84-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche verfolgte die gesamte Zeremonie von einer klimatisierten Tribüne auf der Plaza de Cibeles aus. Er und die dort anwesenden Bischöfe schützen sich mit weißen Schirmen vor der gleißenden Abendsonne. Das Ereignis wurde von zahlreichen TV-Sendern weltweit übertragen und war auf der offiziellen Weltjugendtags-Seite sowie auf den Nachrichtenportalen des Vatikan im Live-Stream zu sehen.