Der Papst beim Weltjugendtag von hunderttausenden Jugendlichen begeistert empfangen

Botschaft der Hoffnung und Erneuerung

Hunderttausende Jugendliche haben am Donnerstagabend Papst Benedikt XVI. in Madrid ein Willkommensfest bereitet. Auf der Plaza de Cibeles und in den umliegenden Straßen versammelten sich am Donnerstagabend die Teilnehmer des Weltjugendtags, um mit dem 84-Jährigen zu feiern und seine erste Ansprache zu hören.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nach der Begrüßung durch Madrids Kardinal Antonio Maria Rouco Varela wandte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche in sieben Sprachen an die jungen Menschen. Dabei bekundete er seine Freude über die Teilnehmerzahl. Nach Kirchenangaben haben sich 440.000 Dauergäste zu dem Treffen angemeldet.



Jugendliche aus fünf Kontinenten überreichten dem Papst symbolische Geschenke aus ihrer Heimat. So erhielt er Brot und Salz, Reis und Kaffee. Ein lateinamerikanischer Teilnehmer überreichte ihm einen Sombrero, eine japanische Katholikin legte ihm einen Blütenkranz um den Hals.



Warnung vor Unbeständigkeit und Egoismus

In seiner Predigt warnte Papst Benedikt XVI. vor Unbeständigkeit und Egoismus. Viele hielten sich für Götter und meinten, keine anderen Fundamente zu brauchen als sich selbst, sagte der Papst bei einer Willkommensfeier am Donnerstagabend. Solche Menschen würden gerne selbst entscheiden, was Wahrheit und Gerechtigkeit sei sowie wer lebenswert sei und wer hingegen "auf dem Altar anderer Perspektiven geopfert werden" könne. Versuchungen, sich immer dem Zufall zu überlassen, ohne einen festgesetzten Kurs zu leben und sich vom Impuls des Augenblicks leiten zu lassen, lauerten stets im Hinterhalt.



Diesem "Leben ohne Horizonte" setzte Benedikt XVI. eine Freiheit mit Gott gegenüber. Die Menschen seien nicht bloß "blinde Vollstrecker", sondern verantwortlich für ihr Handeln, da sie nach dem Bilde Gottes als Freie erschaffen seien. Damit seien sie "Protagonisten auf der Suche nach der Wahrheit und nach dem Guten". Wenn die Jugendlichen ihr Leben auf dem "festen Grund" Jesus Christus bauten, werde Weisheit und Klugheit ihre Schritte leiten. Fest im Glauben, würde ihr Leben auch ihren Altersgenossen eine wertvolle Alternative aufzeigen. Der Papst sagte, dass die Jugendlichen mit ihrer Freude auch andere anstecken würden. Sie würden auch auf diejenigen ausstrahlen, deren Fundamente der Existenz nicht haltbar gewesen seien, weil sie der Modeströmung nach unmittelbarem Nutzen folgten.



Wenn sie Christus folgten, könnten die Jugendlichen sich nicht auf Wegen verlieren, die Leere und Enttäuschung hinterließen, sagte der Papst. Er warnte vor "blinden und egoistischen" Impulsen und dem "Weg der verlockenden Vorschläge", die jedoch eigennützig, trügerisch und unbeständig seien.



Zu der Veranstaltung am Abend versammelten sich die jungen Menschen seit dem Nachmittag auf dem Platz, an dem der Fußballclub Real Madrid seine Siege feiert. Menschen aller Nationen sangen, tanzten und schwenkten Fahnen, um sich die Wartezeit zu verkürzen. Aus den umliegenden Häusern gossen Anwohner Wasser auf die Wartenden, um sie abzukühlen. Der Papst selbst ließ sich mit einem großen weißen Schirm vor der Abendsonne schützen.



Offizielle Begrüßungszeremonie am Flughafen

Bei zunächst erträglichen Temperaturen und bewölktem Himmel war Benedikt XVI. am Donnerstagmittag in der spanischen Hauptstadt gelandet. Zunächst aber gab es eine offizielle Begrüßungszeremonie, zu der neben König Juan Carlos auch der sozialistische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero erschien. Der 73-jährige Monarch, nach einer Knieoperation auf einen Gehstock angewiesen und seit längerem von einer Tumoroperation geschwächt, wirkte gebrechlicher als sein elf Jahre älterer Gast, als sie gemeinsam die Ehrenformationen abschritten.



Benedikt XVI. stellte gleich zu seiner Ankunft klar, dass er zu einem religiösen Ereignis komme. Er wolle beim Weltjugendtag die jungen Katholiken aus aller Welt im Glauben und in ihrer Freundschaft zu Christus stärken und ihnen ein Gemeinschaftsgefühl der weltumspannenden Kirche vermitteln. Er wolle ihnen deutlich machen, dass es ohne Gott schwierig sei, die Probleme des Alltags, das Konsumdenken, die Banalisierung von Sexualität und die mangelnde Solidarität zu bewältigen.



Zugleich ging der Papst auch auf politische Themen ein und nannte die heutigen Schwierigkeiten junger Menschen beim Namen, die nicht zuletzt auch in Spanien derzeit virulent sind. Er beklagte Arbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch, Umweltzerstörung und antireligiöse Intoleranz.



Zuvor hatte das Kirchenoberhaupt vor mitreisenden Journalisten im Flugzeug eine ethische Wende in der Wirtschaftspolitik verlangt. Nicht der Profit, sondern der Mensch müsse im Mittelpunkt stehen. Das Fazit in seiner Begrüßungsrede: "Der Weltjugendtag bringt eine Botschaft der Hoffnung". Ein "Hauch der Erneuerung" solle für die Zukunft der Kirche und der Welt zuversichtlich stimmen.



Papst geht auf aktuelle Situation Spaniens ein

Ganz zum Schluss streifte Benedikt XVI. auch die aktuelle Situation Spaniens, die in den vergangenen Tagen den Papstbesuch zu überschatten drohte. Es gebe gegenwärtig "Anlass zur Sorge", die Spanier würden die Probleme aber aufgrund ihrer charakteristischen Dynamik und dank ihrer jahrhundertealten christlichen Wurzeln überwinden, sagte der Papst.



In der Tat ist das Land politisch verunsichert. Nach Dauerprotesten gegen den Wirtschaftskurs steht es vor vorgezogenen Neuwahlen. Ein Teil des Frusts richtete sich auch gegen Kirche und Papst - vor allem, seit in dem Medien hochgeschriebene Zahlen über die Kosten des Weltjugendtags kursieren und seit die letzten "Indignados" (Empörte) ihre Dauercamps für den Jugendtag räumen mussten.



Anti-WJT-Demo in der Nacht zu Donnerstag

"Keine Steuergelder für den Papst" stand auf Plakaten einer Demonstration am Mittwochabend in der Innenstadt von Madrid, bei der ein Bündnis von knapp 5.000 Atheisten, Kirchenkritikern sowie Homosexuellen-Verbänden mit Weltjugendtagsteilnehmern aneinander gerieten. Während es hier beim verbalen Schlagabtausch blieb, gab es bei Handgreiflichkeiten zwischen Papstgegnern und der Polizei ein Dutzend Verletzte und etliche Festnahmen.



Offen bleibt, ob der Papstbesuch selbst ruhiger verläuft. Einzelne Gruppen haben Proteste angemeldet. Der Reiseverlauf wird sicher auch davon abhängen, wie die sozialistische Regierung - im Dauerstreit mit der Ortskirche - in den kommenden Tagen agiert. Auch Benedikt XVI. wird wohl direkte Attacken gegen Zapatero vermeiden.



Gegen Ende der Begrüßungszeremonie auf dem Flughafen riss die Wolkendecke über Madrid auf. Unter einer sengenden Mittagssonne fuhr Benedikt XVI. im Papamobil zur Vatikanbotschaft.


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