Militärbischof Overbeck gegen vorschnellen Afghanistan-Abzug

Kein "Radikalpazifismus"

Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck hat sich gegen einen vorschnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ausgesprochen. "Wir können nicht einfach radikalpazifistisch das Land verlassen. Wir dürfen die Menschen nicht sich selbst überlassen", sagte Overbeck.

Bischof Franz-Josef Overbeck: Ansprechpartner für alle Soldatinnen und Soldaten (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck: Ansprechpartner für alle Soldatinnen und Soldaten / ( KNA )

Zehn Jahre nach Beginn des Militäreinsatzes in Afghanistan wertete der Militärbischof die damalige Entscheidung mit Zurückhaltung. "Ich frage mich oftmals, ob wir in dieser schwierigen Situation die richtige Wahl der Mittel getroffen haben", sagte Overbeck  in einem Interview des Onlinemagazins "The European". Die Terroranschläge vom 11. September 2001, die dem Afghanistankrieg vorausgingen, seien politisch und emotional "hochbrisant" gewesen. "Vor diesem emotionalen Hintergrund ist die Entscheidung zur militärischen Intervention natürlich leichter gefallen", ergänzte der katholische Theologe.



Hinsichtlich der Ziele des Afghanistan-Einsatzes empfahl der Militärbischof, die Verantwortlichen müssten lernen, dass sie einem orientalisch geprägten Land westliche Werte nicht aufzwingen könnten. "Wir können in Afghanistan nicht einfach ein säkular-demokratisches System anlegen und unser Verständnis von Religion oder Geschlechtergerechtigkeit anwenden."



Dass sich Deutschland bei dem Militäreinsatz in Libyen anders als im Fall Afghanistan verhalten hat, wolle er politisch nicht bewerten, sagte Overbeck. "Aus ethischer Sicht war es sicherlich richtig, sich einem weiteren Militäreinsatz zu verweigern und auf andere Mittel zu setzen", ergänzte der Bischof von Essen.



Streng zwischen Islam und Islamismus unterscheiden

Overbeck mahnte zudem eine strenge Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus an. Aufgrund der Öffentlichkeitswirkung bestimmter Taten werde das "leider im Diskurs oftmals vermischt", sagte Overbeck. 90 bis 95 Prozent der Muslime seien friedliebend und gläubig. Die Gefahr gehe von Extremisten aus.



Overbeck kündigte an, dass er die Veränderung der Bundeswehr von einer Wehrpflichtigen- zu einer Berufsarmee "wach beobachten" werde. Das bisherige "Gehorsamsverhältnis zum Staat" werde nun neu zu bestimmen sein. Mit ebenso großem Interesse verfolge er die Entwicklung der Freiwilligendienste. Der Zivildienst sei ein guter Dienst an der Gesellschaft gewesen. Er sei aber "nicht einfach auf freiwilliger Basis rekonstruierbar". Bei dieser Entwicklung komme den Kirchen eine bedeutende Rolle zu.