Der Weltjugendtag startet mit einer großen Messe

Glaubensfest der Superlative

Es wird ein Fest der Superlative. Knapp 500.000 junge Pilger werden ab Dienstag den Weltjugendtag in Madrid feiern, die katholische Kirche erwartet mindestens noch einmal so viele unangekündigte Gäste und Bewohner Madrids. Auf dem Programm stehen Katechesen, Messen und viel Kultur.

 (DR)

Zu dem Treffen entstehen Nachtlager in allen möglichen Gebäuden: In Klassenräumen der Schulen, in Turnhallen und natürlich auch in Kirchen. Junge spanische Gläubige freuen sich vor allem auf den Besuch des Papstes, Benedikt XVI., der am Donnerstag in Madrid eintreffen und erst am Sonntag Spanien wieder verlassen wird. Der Papst aus Deutschland kommt bei den jungen Katholiken Spaniens gut an. "Er ist der Repräsentant Gottes auf der Erde", schwärmt die 22-jährige Mary Luz aus Madrid. Sie wird mit ihrem Cello bei den Konzerten zur Eröffnung und zum Abschluss auftreten.



Der Eröffnungsgottesdienst am Dienstagabend wird Johannes Paul II. (1978-2005) gewidmet sein. Es ist die erste Weltjugendtags-Messe, die dem Gründer des katholischen Jugendtreffens nach dessen Seligsprechung gewidmet wird. Der Madrider Erzbischof Kardinal Antonio Maria Rouco Varela wird die Feier vor mehreren Hunderttausend Jugendlichen leiten.



Bischöfe aus aller Welt werden in den kommenden Tagen an 250 Katecheseorten die Jugendlichen in 30 Sprachen in das Motto des Treffens "Verwurzelt und aufgebaut in Christus, fest im Glauben" einführen.



Tausende Helfer

Benedikt XVI. wird neben den großen Feiern mehrmals auch mit kleinen Gruppen Jugendlicher zusammentreffen. Der Papst wird am Freitag mit zwölf Jugendlichen zu Mittag essen und am Samstag drei jungen Menschen die Beichte abnehmen. Während der Vigilfeier am Abend vor dem Abschlussgottesdienst werden sich einige Jugendliche mit ihren Fragen an das Oberhaupt der katholischen Kirche wenden. Zudem gibt es Begegnungen mit den freiwilligen Helfern, jungen Dozenten, Ordensschwestern und Priesteranwärtern.



Allein bei den Hauptveranstaltungen mit dem Papst sind 25.000 Helfer im Einsatz. "Sie müssen als Ordnungspersonal eingewiesen und mit 10.000 Sicherheitskräften der Polizei koordiniert werden", erklärt Javier. Nicht weniger herausfordernd ist die Organisation der Mitarbeiter, die Wasserflaschen an die Weltjugendtagsgäste verteilen sollen. "Viele kommen aus kühleren Regionen wie Deutschland oder Polen und sind die heißen Sommertemperaturen von Madrid nicht gewohnt", fürchten die Organisatoren.



Breites Kulturprogramm

Mit mehr als 300 Kulturveranstaltungen während des Weltjugendtages setzt Madrid auch Akzente in Kunst, Kino und Theater. Anbieter aus 37 Nationen sind beteiligt, um den jungen Gästen Sinnenreize und Denkanstöße zu bieten.



Der Madrider Prado beispielsweise zeigt anlässlich des Jugendtreffens die "Grablegung Christi" von Caravaggio. Das Bild ist eine Leihgabe der Vatikanischen Museen und das erste Mal überhaupt in Spanien zu sehen.



Ergänzt wird der Caravaggio um 13 hochrangige Stücke aus eigenen Beständen - Velazquez, El Greco, Ribera, Murillo sind dabei, auch die flämischen Meister Van der Weyden und Rubens, Italiener wie Fra Angelico, Tintoretto und Sebastiano del Piombo. Der rote Faden, der die Werke der kleinen Sonderschau verbindet, ist das Thema: Darstellungen Christi. Auch das Museum Thyssen-Bornemisza hat unter dem Titel "Begegnungen" eine temporäre (und wie im Prado für Weltjugendtagsgäste kostenlose) Ausstellung mit Werken zu biblischen Motiven ausgerichtet.



Kultureller Reichtum des Christentums

"Das Kulturprogramm ist einer der Hauptpfeiler des Weltjugendtags nach den Papstveranstaltungen und den Katechesen", erklärte Carla Diez de Rivera, die Kulturverantwortliche des Vorbereitungskomitees. "Alle diese Aktivitäten sind ein Beispiel des kulturellen Reichtums des Christentums in seiner universalsten Form."



Eher Denkstücke bietet die Schau "Arte + Fe" ("Kunst und Glaube") in der Fundacion Jose Pons. 36 Produktionen internationaler zeitgenössischer Künstler handeln von der Auseinandersetzung mit dem Glauben. Etwa William Zijlstras "Agnus Dei": Das "Lamm Gottes" liegt opferbereit mit gefesselten Füßen auf einem Stapel Zeitungen; ein Artikel der obersten Ausgabe handelt vom Holocaust.



"Das moderne Denken wächst aus generellem Misstrauen", sagt Maria Tarruella, die Kuratorin. "Diese Ausstellung zielt auf Kunst, die wiederherstellt, die Hoffnung bringt." Manchmal sind es auch die Biografien der Künstler, die die Stücke mit einer Bedeutung aufladen - etwa die Recycling-Objekte des afro-amerikanischen Häftlings Eugene Perry, der im Knast zum christlichen Glauben fand.



Bühnenstück aus dem 17. Jahrhundert

Folkloristischer geht es beim religiösen Volksspiel des "Heiligen Jahres in Madrid" zu: Das Bühnenstück aus dem 17. Jahrhundert von Calderon de la Barca wird für den Weltjugendtag mit allem spanischem Flair inszeniert. Auch der für Freitag geplante Kreuzweg mit Papst Benedikt XVI. in der Madrider Innenstadt rangiert auf der Grenze von künstlerischer Aufführung und Gottesdienst. Bewusst veranschaulichen die Organisatoren jedenfalls die 15 Stationen des Leidens Jesu mit historischen Skulpturen der Karwoche aus verschiedenen spanischen Städten.



Vor dem Start des Papst-Programms gibt es am Mittwoch ein kleines Filmfestspiel, zu dem auch Produzenten, Regisseure und Schauspieler eingeladen sind. Auf dem Programm stehen unter anderem der in Cannes prämierte Film "Von Menschen und Göttern" von Xavier Beauvois und "There Be Dragons" von Roland Joffe - eine Erzählung aus den Zeiten des spanischen Bürgerkriegs, in der es um die Kraft der Vergebung geht und um einen Priester, der das kirchliche Leben in Spanien bis heute prägt: Josemaria Escriva, der Gründer des Opus Dei.



Dem Papst wird das kulturelle Engagement gefallen, und das wohl nicht wegen des Manga-Comics über sein Pontifikat, der ebenfalls während des Weltjugendtags verteilt wird. Benedikt XVI. pries bei einer Begegnung mit Künstlern im Herbst 2009 das "tiefe Band zwischen Schönheit und Hoffnung" - eine "Schönheit, um nicht in Verzweiflung zu versinken". Viele Weltjugendtagsgäste dürften die kühlen Musentempel aber auch aus ganz profanen Gründen aufsuchen: Draußen sind Temperaturen bis 36 Grad angesagt.



Internationale Weltjugendtage seit 1984

Der internationale Weltjugendtag ist eine einwöchige Begegnungsveranstaltung der katholischen Kirche speziell für junge Menschen. Das Jugendtreffen findet im Abstand von zwei bis drei Jahren in wechselnden Städten statt und wird vom Päpstlichen Rat für die Laien und den Bischöfen des jeweiligen Gastgeberlandes organisiert. In den Jahren dazwischen wird der Weltjugendtag üblicherweise am Palmsonntag dezentral in Rom und den einzelnen Bistümern begangen.



Ziel des katholischen Glaubensfestes ist es, Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus aller Welt die Botschaft Jesu Christi zu verkünden. Die mehrtägige Großveranstaltung mit Gottesdiensten, Katechesen, Diskussionsrunden, Workshops und Kulturprogamm wurde von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1984 ins Leben gerufen.



Das Treffen in der spanischen Hauptstadt steht unter dem biblischen Leitwort: "In Ihm verwurzelt und auf Ihn gegründet, fest im Glauben". Die bisher höchste Teilnehmerzahl erlebte der 10. Weltjugendtag 1995 in der philippinischen Hauptstadt Manila mit vier Millionen Besuchern.

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