Wie sich die Eifel als Krimilandschaft vermarktet

Mörderische Provinz

Der Kaffee heißt "Schwarzer Tod", im Krimihotel steht das Bond-Girl im goldenen Bikini neben dem Bett und auf Rad- und Wanderwegen können Hobby-Detektive den Spuren von Krimi-Helden folgen. In der Eifel pflegen und vermarkten Hoteliers und Tourismusverbände das Image der mörderischen Provinz.

Autor/in:
Marlene Grund
 (DR)

Die Mittelgebirgslandschaft, einst als rau, kalt und unwirtlich verrufen, ist offenbar ein idealer Schauplatz für Geschichten rund um Spione, Verbrecher und Intrigen. Als Erfinder des Krimi-Hypes in der beschaulichen Gegend gilt der Autor Jacques Berndorf, der eigentlich Michael Preute heißt. "Nichts ist so spannend wie ein Mord am schönsten Arsch der Welt", sagt er.



Sein "Eifel-Blues" läutete 1989 die Karriere des Regionalkrimis in Deutschland ein. Berndorfs Romane um den Ermittler Siggi Baumeister haben viele inspiriert: Inzwischen machen an die 50 Autoren die Eifel zum Schauplatz von fiktiven Morden, Betrügereien, Raubzügen und Kidnapping, darunter Carola Clasen, Carsten Sebastian Henn und der Kinderkrimiautor Harald Schneider.



"In der Großstadt ist die Anonymität, die alles irgendwie zudeckt", sagt Ralf Kramp, Krimiautor und Verleger. Im dörflichen Umfeld könne man sich jedoch vieles gezielter vor die literarische Flinte nehmen: korrupte Lokalpolitiker, brutale Männer, Alkoholiker und neugierige Wirtinnen. Kramp leitet nicht nur den KBV-Verlag, sondern auch das "Kriminalhaus" im Eifelstädtchen Hillesheim mit einer mehr als 26.000 Bände umfassenden Krimi-Bibliothek und dem Krimi-Café Sherlock.



Das erste Krimihotel Deutschlands

Viele der Eifelkrimis beschreiben die abgeschiedene Landschaft, die Menschen, Orte und die Gastronomie so akribisch und liebevoll, dass Krimifans sie als eine Art Reiseführer nutzen. In Hillesheim mit 3.000 Einwohnern, drei Schulen, zwei Sporthallen, einer Tennishalle und einem Hallenbad ist der Krimi-Tourismus längst zum Wirtschaftsfaktor geworden.



Hier, wo sich die Schauplätze der literarischen Verbrechen häufen, eröffnete im vergangenen September das nach eigenen Angaben erste Krimihotel Deutschlands. Der Run auf die zehn Themenzimmer sei so groß gewesen, dass er ein Jahr später bereits 24 davon anbiete, sagt Hoteldirektor Christoph Böhnke.



In dem Haus mit Türmchen und Erkern schlafen Gäste in einem Ambiente, das sie Kommissaren, Top-Agenten und Krimi-Stars nahe bringt. So lassen in dem nach Oberinspektor Stephan Derrick benannten Zimmer großgemusterte Tapeten, Retro-Möbel und die "Original-Tränensäcke" des Kommissars die 70er-Jahre wieder auferstehen.



Wahlweise kann man unter dem melancholisch blickenden Großporträt des Altmeisters Alfred Hitchcock schlummern oder sich wie im Orientexpress fühlen. Fast immer ausgebucht sei der Raum der schrulligen Detektivin Miss Marple, sagt Böhnke: Bei geblümten Vorhängen, rosa Sesseln, Strickzeug, Regenschirm und Teetasse wirkten Verbrechen gleich weniger bedrohlich, vermutet er. Wer es dramatischer mag, meldet sich im Hotel zum "Krimi-Dinner" und "Mitmach-Krimi"-Wochenende an.



Nichts ist real

Auf den Eifel-Krimi-Wanderwegen folgen Besucher den Spuren von Tätern und Ermittlern, die in den Eifelkrimis so authentisch beschrieben werden. Die Expertinnen "Klara Fall" und "Hella Blick" bringen rund um Hillesheim oder um das Örtchen Kerpen die Schauplätze der Krimis nahe: Häuser der Akteure, Tatorte und die Lieblingskneipen der Ermittler. Hillesheim ist auch Start- und Zielpunkt einer Krimi-Radtour, die in fünf Tagesetappen diverse Schauplätze des Meuchelns und Mordens streift.



Alle zwei Jahre lockt das Krimifestival "Tatort Eifel" Publikum und Prominenz ins Land der Maare und Vulkane. Das Festival will alle zusammenbringen, die in Kino und Fernsehen mit Krimis zu tun haben. Zuletzt schritt Schauspielerin Senta Berger in Daun über den roten Teppich, um den Krimi-Preis "Roland" entgegen zu nehmen - eine Auszeichnung die nach dem "Stahlnetz"-Regisseur Jürgen Roland benannt ist. Beim nächsten "Tatort Eifel" zwischen dem 16. bis 25. September werden rund 6.000 Besucher erwartet.



In der Eifel werbe mittlerweile jede Touristinformation mit dem Krimi-Image, stellt Autor Jacques Berndorf fest. Doch er und seine Kollegen hätten die Eifel erst zur Krimilandschaft gemacht, "indem wir unsere Morde in sie hineingeschrieben haben". Nichts davon sei real. "Sie ist virtuell, diese Krimilandschaft. Eine Blase."