Vor 125 Jahren starb das Musikgenie Franz Liszt

Lebemann mit "Hang zum Katholizismus"

Franz Liszt ist in diesem Jahr quasi doppelter Jubilar: Vor 200 Jahren, am 22. Oktober 1811, wurde er im heute burgenländischen, damals ungarischen Dorf Raiding geboren. Vor 125 Jahren, am 31. Juli 1886, starb er in Bayreuth. Er war eine Art "Popstar" des 19. Jahrhunderts.

Autor/in:
Robert Mitscha-Eibl
 (DR)

"Mein Hang zum Katholizismus rührt von meiner Kindheit her und ist ein bleibendes und mich beherrschendes Gefühl geworden." Diesen Satz schrieb 1863 ein damals 51-jähriges Musikgenie, dessen exzentrischer Lebensstil mit zahlreichen Affären und einer Neigung zum Luxus durchaus anderes hätte vermuten lassen. Liszt war ein Kosmopolit und Lebemann, ja eine Art "Popstar" des 19. Jahrhunderts. Neben der Tonkunst war er auch der Damenwelt zugetan. Dennoch zog er sich in mittleren Jahren in ein römisches Kloster zurück und empfing sogar die niederen Weihen.



Der Familienlegende zufolge wurde auf die Bedeutung Franz Liszts schon vor seiner Geburt hingewiesen: Eine "Zigeunerin" soll seiner schwangeren Mutter im Zusammenhang mit der Erscheinung des "Großen Cometen von 1811" geweissagt haben, sie werde einen Sohn gebären, der für Großes bestimmt sei.



Vater als strenger Förderer

Franz war der einzige Sohn von Adam List (1776-1827), einem Verwaltungsbeamten in Diensten des Fürsten Esterhazy, und seiner Frau Maria Anna (1788-1866). Die außerordentliche Begabung des Sohnes wurde den Eltern schon früh bewusst. Bald nahm der Vater als strenger Förderer eine ähnliche Rolle ein wie Leopold Mozart für Wolfgang Amadeus. Im Herbst 1820 trat der neunjährige Franz als Interpret und Improvisateur erstmals in Ödenburg/Sopron und Pressburg/Bratislava öffentlich auf.



Mit seinem Vater reiste er im September 1823 nach Paris und sorgte als "Petit Litz" für Furore. Damit begann ein polyglottes Leben in Salons und Konzertsälen, dessen Mittelpunkt Paris war. Besonders die Pariser Damen waren von der nicht nur musikalischen Attraktivität und Exzentrik Liszts begeistert. "Reihenweise fielen sie während seiner Konzerte in Ohnmacht. Liszt hatte eine Wirkung, wie sie womöglich erst wieder bei Elvis Presley und den Beatles zu beobachten war", merkt der Ordensmann Quirinus Greiwe in einem Liszt-Porträt an.



Lektüre religiöser und philosophischer Schriften

In religiöser Hinsicht sind zwei Kapitel von Liszts vielschichtiger Biografie besonders bemerkenswert: Ein markanter Einschnitt war 1827 der Tod seines erst 50-jährigen Vaters. Franz zog sich aus dem grellen Licht der Konzertsäle zurück und gab Unterricht. Eine unglückliche Liebe führte den 17-Jährigen zur Lektüre religiöser und philosophischer Schriften. Er knüpfte Kontakt zu Geistesgrößen wie Victor Hugo, Honore de Balzac und Heinrich Heine. Den größten Einfluss auf ihn übte aber der aufklärerische Abbe Felicite de Lamennais aus, dessen Buch "Paroles d"un croyant" (Worte eines Glaubenden) Liszt mit Begeisterung las. Er erwog, selbst Priester zu werden.



Nach künstlerisch und privat turbulenten Wanderjahren mit Wohnsitzen in der Schweiz, Italien und Deutschland übersiedelte Liszt mit seiner Geliebten Carolyne zu Sayn-Wittgenstein nach Rom. Die für Liszts 50. Geburtstag geplante Heirat kam aber nicht zustande: Wegen Affären des Musikers sagte die Fürstin ab. Liszt widmete sich nun verstärkt der Sakralmusik. Bis 1870 blieb er überwiegend in Rom und führte gemäß "zweier Seelen in seiner Brust" ein teils mondänes, teils mönchisches Leben.



Niedere Weihen vom Papst persönlich

1863 zog er sich in ein Kloster auf dem Monte Mario zurück, wo ihn unter anderen Papst Pius IX. besuchte. Nach weiteren Konzertreisen empfing Liszt 1865 vom Papst persönlich die niederen Weihen und wurde damit nicht-zölibatärer Kleriker. Er ließ sich die Tonsur scheren und sich Abbe nennen.



Ganz konnte er freilich nicht von seinem alten Leben lassen. Er unternahm wieder Konzertreisen, blieb der Frauenwelt zugetan und lebte abwechselnd in Rom, Budapest und Weimar. Der Umfang seiner religiös inspirierten Musik ist beeindruckend: Neben 65 geistlichen Chorwerken gehören dazu auch religiöse Klavierwerke. Herausragend ist die Missa solemnis (1856), die neben den Messen Anton Bruckners zu den Höhepunkten der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts gezählt wird.



Im Zuge einer Reise zu den von seiner Tochter Cosima Wagner geleiteten Bayreuther Festspielen starb der schwer kranke Liszt am 31. Juli 1886. Er wurde am 3. August in Bayreuth beigesetzt.



Hinweis: Der Autor ist Redakteur der österreichischen KNA-Partneragentur Kathpress in Wien.