Katholische Kirche beklagt Anzahl der Austritte

Deutlicher Anstieg

2010 haben deutlich mehr Katholiken als in den Vorjahren die Kirche verlassen. Nach offiziellen Zahlen der Deutschen Bischofskonferenz erklärten im vergangenen Jahr 181.193 Katholiken ihren Austritt aus der Kirche. Das entspricht einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent.

Generalvikar Schwaderlapp: Vertrauen zurückgewinnen / © Boecker
Generalvikar Schwaderlapp: Vertrauen zurückgewinnen / © Boecker

Die Zahl der registrierten Taufen lag 2010 bei 170.339. Damit verließen laut Kirchenstatistik der vergangenen Jahrzehnte in einem Jahr erstmals mehr Mitglieder die Kirche als neu getauft wurden. Rund 253.000 Kirchenmitglieder starben. Der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung sank im vergangenen Jahr damit um 0,3 Punkte auf 30,2 Prozent. Demnach lebten 2010 rund 24,65 Millionen Katholiken in den 27 Bistümern.



Berichte über zahlreiche Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen hatten im vergangenen Jahr zu einer Austrittswelle geführt. Allein im Erzbistum München und Freising kehrten der Statistik zufolge mehr als 21.000 Menschen ihrer Kirche den Rücken. Im Bistum Augsburg, wo Bischof Walter Mixa nach anhaltenden Berichten über Misshandlungsvorwürfe seinen Rücktritt erklärte, verdoppelte sich die Zahl der Austritte im Vergleich zum Vorjahr nahezu. Lediglich im Jahr 1992 hatte die katholische Kirche in Deutschland mit 192.000 Austritten einen größeren Mitgliederschwund zu verzeichnen.



Die Zahl der Taufen ist auch aufgrund des demografischen Wandels seit Jahrzehnten rückläufig. Lag sie Anfang der 60er Jahre noch bei rund 500.000 im Jahr, pendelte sie von Mitte der 70er Jahre an lange Zeit zwischen 250.000 und 300.000. Im Jahr 2005 wurde erstmals die Marke von 200.000 unterschritten. Im Jahr 2007 war die Zahl der Taufen mit rund 186.000 noch doppelt so groß wie die der Austritte.



Köln: Generalvikar will verloren gegangene Glaubwürdigkeit der Kirche wiedergewinnen

"Der Anstieg der Kirchenaustritte im Jahr 2010 steht auch für einen Vertrauensverlust, den die Kirche besonders durch die Missbrauchsfälle erlitten hat", sagte Generalvikar Schwaderlapp in einer ersten Reaktion. "Das ist schmerzlich für uns, weil offenbar viele Menschen den Kirchenaustritt als ihre persönliche Form des Protests und der Abscheu vor diesem Skandal gewählt haben." Das Erzbistum Köln nehme die Entwicklung "außerordentlich ernst". Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals sei unumgänglich und habe höchste Priorität, so Schwaderlapp: "Zugleich tun wir alles für eine umfassende Prävention, nur so können wir verloren gegangene Glaubwürdigkeit wiedergewinnen. Unser Priesterrat hat darüber hinaus die Kirchenaustritte zu einem Schwerpunktthema gemacht, um daraus seelsorgerische Konsequenzen zu ziehen".



Schließlich zeige die Statistik nicht zuletzt eine veränderte Glaubenssituation. Vielfach sei auch eine Vertiefung des Glaubenswissens nötig, um überhaupt wieder auskunftsfähig zu werden. "Darüber müssen wir mit einander ins Gespräch kommen. In diesem Sinne wird auch der Eucharistische Kongress 2013 einen Beitrag leisten, weil er den Kern unseres Glaubens ins Zentrum stellt: Die Eucharistie, die als Auftrag zu Feier, Bekenntnis und Gemeinschaft wie in einem Brennglas alles vereint, was unseren Glauben ausmacht."