In der Schuldenkrise verlassen viele Katholiken den Präsidenten

Keine sichere Bank für Obama

In den USA dauert der politische Streit um die Anhebung des Schuldenlimits an. Die Republikaner haben erneut eine Abstimmung im Abgeordnetenhaus über einen entsprechenden Gesetzesentwurf verschoben. Auch Amerikas Katholiken sehen die jüngste Entwicklung mit großer Sorge.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

In den USA läuft der Countdown: In den Nachrichtensendungen sind die Ziffern sehen, die die Tage, Stunden und Minuten herunterzählen. Allerdings geht es nicht um ein Großereignis wie den Start eines Mondfluges, der die ganze Nation mit Stolz erfüllt, sondern um einen Tiefpunkt der amerikanischen Geschichte: die für Montag, den 2. August, bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Supermacht. Ob es bis dahin zwischen den Demokraten um Präsident Barack Obama und den Republikanern unter John Boehner zu einer Einigung kommt, steht in den Sternen.



Die US-amerikanische Bischofskonferenz hat deutlich gemacht, dass sie Einschnitte in die Sozialprogramme Medicare, Medicaid und Social Security ablehnt. Diese Programme machen einen großen Teil des Staatshaushaltes aus. Die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wird, wirf nach Meinung vieler katholischer Funktionsträger ein Licht darauf, wie es um den Zusammenhalt der amerikanischen Gesellschaft künftig bestellt sein wird.



Soziale Schere geht auseinander

In der Tat ist die soziale Schere im Land kräftig auseinandergegangen. Das Realeinkommen der Arbeiterschaft stagnierte mehr oder weniger in den vergangenen drei Jahrzehnten. Am anderen Ende der Skala häufte sich dagegen ein unvorstellbarer Wohlstand an:  Die 400 Reichsten des Landes besitzen mehr Geld als die unteren 60 Prozent der amerikanischen Einkommensskala zusammen - das sind immerhin mehr als 180 Millionen Landsleute.



Eskaliert die Wirtschaftkrise durch einen Bankrott am Montag erneut, trifft dies vor allem die Hispanics. Die starke, religiös fast durchweg katholische Gruppe spanischsprachiger Einwanderer besitzt bereits jetzt mit am wenigsten. Insgesamt haben die Amerikaner seit

2005 rund 66 Prozent ihres Realbesitzes verloren. Nach der Analyse des Forschungsinstituts Pew Research Center liegt der Durchschnittsbesitz eines weißen Haushalts um das 18-Fache über dem eines Haushalts von Hispanics und um das 20-Fache höher als bei Afroamerikanern.



Konflikte um Abtreibung und Homosexuellen-Ehe

In der Frage, wie man mit der reichen Spitze der amerikanischen Bevölkerungspyramide in der Stunde der Krise umgeht, unterscheidet sich die Regierung Obama deutlich von Boehners Republikanern. Ein Kompromiss scheint äußerst schwierig, da vor allem die konservativen Tea-Party-Aktivisten erbitterten Widerstand leisten. Beide Seiten wollen Einsparungen, auch bei den Sozialleistungen. Präsident Obama jedoch möchte die Reichen und die "großen Korporationen" zusätzlich besteuern. Das lehnen die Republikaner rundweg ab. Obama glaubt an die Solidarität wohlhabender und patriotischer Amerikaner. Bei in Washington einflussreichen Wirtschaftsunternehmen wie zum Beispiel der Ölindustrie stößt er damit allerdings auf taube Ohren.



Doch deswegen stehen die US-Katholiken noch lange nicht hinter Obama. Daran ändert auch nichts, dass die Republikaner massive Einschnitte in das ohnehin nicht feste soziale Netz fordern und Stimmung gegen Einwanderer machen. Dass sich Boehner und noch weit radikalere Politiker ihrer katholischen Wähler sicher sein können, liegt an zwei ganz anderem Themen: der Abtreibung und der Homosexuellen-Ehe. Die republikanische Partei präsentiert sich als eine Bastion gegen beides.



Es bleibt also abzuwarten, welche sozialen Einschnitte oder gar Katastrophen eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung nach sich ziehen wird - und ob dies bei manchen Katholiken möglicherweise zu einem Stimmungswandel führen wird.