Der neue Präsident Ollanta Humala tritt sein Amt an

Peru rückt nach links

Wenn Ollanta Humala heute sein Amt als peruanischer Präsident antritt, richten sich viele Blicke nach Lima. Der 48-jährige Ex-Militär mit indianischen Wurzeln will eine politische Wende einleiten. Peru geht damit als weiteres Land in Südamerika auf Mitte-Links-Kurs.

 (DR)

Die Berufung der schwarzen Sängerin Susana Baca zur Kulturministerin symbolisiert die Aufbruchstimmung, die sich Humala trotz heftigen Gegenwinds erhofft. Er will vor allem die Armen erreichen, denen er in erster Linie seinen Sieg verdankt. Doch ähnlich wie anderen linken Staatschefs - von Hugo Chávez in Venezuela bis Fernando Lugo in Paraguay - schlägt ihm das geballte Misstrauen der weißen peruanischen Oberschicht entgegen.



Am wohl erfolgreichsten hat diese Herausforderung der Brasilianer Luiz Inácio Lula da Silva gemeistert, der von 2003 bis 2010 regierte: Während seiner zwei Amtszeiten gelang Millionen Brasilianern der Sprung aus der Armut, doch zugleich wurden die Privilegien der Reichen kaum angetastet. Dank einer konservativen Wirtschaftspolitik und durchaus dubioser politischer Allianzen besänftigte Lula die Rechte und erhielt sich die Regierungsfähigkeit.



Strukturelle Umwälzungen kaum möglich

Strukturelle Umwälzungen wie etwa eine Landreform sind unter solchen Umständen kaum möglich. Doch selbst die Präsidenten Evo Morales in Bolivien oder Rafael Correa in Ecuador agieren, all ihrer radikaler Rhetorik zum Trotz, ähnlich pragmatisch: Den Rohstoffboom der vergangenen Jahre nutzten sie, um den Staatsanteil an den Erlösen aus der Erdölförderung oder dem Bergbau zu erhöhen.



Damit wiederum finanzieren sie, auch in Brasilien oder Argentinien, Sozialprogramme für die Armen: Zuschüsse für den Schulbesuch, Projekte im sozialen Wohnungsbau oder spürbare Erhöhungen der Mindestlöhne. Es sind südamerikanische Varianten der Sozialdemokratie - und das in einer Zeit, in der in Europa neoliberale Rezepte weiter zu dominieren scheinen.



Teil einer heterogenen Linken

Humala, der neue Präsident Perus, begreift sich als Teil dieser heterogenen Linken. Er gewann wohl auch deshalb die Macht, weil er nicht auf Polarisierung setzte, sondern eine behutsame Politik der kleinen Schritte ankündigte. So gelobte er auch feierlich, keine Verfassungsreform anzustreben, die ihm den Weg zu einer Wiederwahl ebnen könnte. Darin folgt er dem Brasilianer Lula und setzt sich von Chávez in Venezuela, Morales in Bolivien oder Correa in Ecuador ab.



Auch bei der Bildung seines Kabinetts ging Humala umsichtig vor. Mit der Nominierung des Unternehmers Salomón Lerner Ghitis zu seinem Premierminister beruhigte er einheimische und ausländischen Investoren. Im Parlament muss seine Fraktion mit der Partei des liberalen Ex-Präsidenten Alejandro Toledo (2001-2006) paktieren, die auch vier Minister in Humalas Kabinett stellt.



Proteste gegen Bergbau- und Staudammprojekte

Große Herausforderungen kommen für Humala von der eigenen Basis. In der Region Puno etwa, wo er in der Stichwahl mit 78 Prozent gewann, gab es zuletzt monatelange Proteste gegen Bergbau- und Staudammprojekte.



An gut 200 Orten im ganzen Land wehren sich die Menschen gegen ähnliche Großprojekte, die zwar das Wirtschaftswachstum beflügeln und Sozialprogramme finanzieren könnten, aber auch vielfach die Umwelt verwüsten und damit die Lebensgrundlage der Bevölkerung zerstören.



In vielen Fällen profitieren davon brasilianische Konzerne, die Verkehrswege an den Pazifik bauen, peruanische Mineralien fördern oder Wasserkraft für Brasilien produzieren wollen. Auch Lulas Parteifreundin und Nachfolgerin im Präsidentenamt, Dilma Rousseff, unterstützt diese Strategie. Viele der 30 Millionen Peruaner sind gespannt, wie Humala diese konträren Interessen unter einen Hut bringen will. Er hatte versprochen, eine Zusatzsteuer auf die Gewinne der Bergbaufirmen einzuführen. Gespannt wurde deshalb erwartet, wen Humala zum Wirtschafts- und Finanzminister ernennen würde. Mit Miguel Castilla wählte Humala einen ausgesprochenen Technokraten aus der scheidenden Garcia-Regierung. Damit setzte er ein Zeichen, dass er die investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik weiterzuführen gedenkt.