Gedenkfeier für Loveparade-Opfer

Trauer und Anklage

Tränen der Trauer und Worte der Anklage: In einer bewegenden Gedenkfeier mit Musik, Gebeten und Ansprachen haben tausende Menschen am Sonntag in Duisburg an die Loveparade-Katastrophe vor einem Jahr erinnert.

Gebet in Duisburg: Weihbischof em. Franz Grave  (KNA)
Gebet in Duisburg: Weihbischof em. Franz Grave / ( KNA )

Überlebende, Hinterbliebene und Retter riefen die Momente der Tragödie noch einmal in Erinnerung, Vertreter der Kirchen spendeten Trost. Auch an die Betroffenen der Anschläge in Norwegen wurde in der knapp zweistündigen Veranstaltung unter freiem Himmel in der MSV-Arena gedacht.



NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) dankte den Helfern und sagte, die Duisburger Katastrophe mit 21 Toten und über 500 Verletzten habe das Leben vieler Menschen für immer verändert, auch über Nordrhein-Westfalen und Deutschland hinaus. In einem Gebet bat Kraft auch um Hilfe "für alle, die Fehler gemacht haben", und mahnte: "Es braucht Wahrheit, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit, damit Trost und Versöhnung eine Chance haben" - ein Fingerzeig für alle an der Loveparade Beteiligten.



Schuld strittig

Denn über die Schuld an dem Unglück wird bis heute bestritten: Die Stadt Duisburg, der Veranstalter Lopavent und die Polizei schoben sich von Beginn an gegenseitig die Verantwortung zu. Gegen 16 Beschuldigte ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. In der Öffentlichkeit richtet sich die meiste Kritik gegen Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), der einen Rücktritt wegen des Unglücks stets ablehnte und sich erst vor einigen Tagen zur "moralischen Verantwortung" für das Geschehen bekannte.



Schwere Vorwürfe erhob Nadia Zanacchi, die Mutter eines italienischen Todesopfers, gegen die Verantwortlichen. Die Tragödie hätte vermieden werden können, wenn nicht der Wert des Menschen "in der zweiten Reihe hinter vielen anderen Interessen gestanden" hätte, sagte sie. Die Loveparade hätte niemals in Duisburg stattfinden dürfen. Sie denke mit Wut an die zerstörten Leben: "Es tut uns sehr weh, an diese Tragödie und ihre Ursache zu denken." Fehler bei der Veranstaltungsplanung kritisierte auch Ella Seifert, die mit tränenerstrickter Stimme über die Massenpanik berichtete - sie überlebte schwer verletzt.



Seelische Wunden

Die seelsorgeerfahrene Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Petra Bosse-Huber, wies auf die tiefen seelischen Wunden hin: Für die Verletzten, Traumatisierten und Angehörigen sei auch nach einem Jahr "der Gang durch das finstere Tal nicht vorbei". Vielfach helfe aber die Fürsorge, Anteilnahme und Liebe anderer Menschen, auch Gott sei den Menschen gerade im Leid nahe. Für den emeritierten Essener Weihbischof Franz Grave können Erklärungsversuche - auch theologische - den Seelenschmerz nicht lindern. Das Gedenken sei immerhin ein Zeichen der Solidarität und des Trostes.



Dass die spätere Tragödie als fröhliches Musikfest hundertausender lebensfroher Jugendlicher begann, das dann jäh ins Gegenteil umschlug, wurde auch in den Elementen der Gedenkfeier deutlich: Neben stillem Gedenken und feierlicher Verlesung der Opfernamen, bei der 21 Sonnenblumen in einem offenen Blumenherzen abgelegt wurden, gab es viel Musik, unter anderem von der Soulsängerin Richetta Manager sowie dem Duisburger Musiker Peter Bursch mit Band. Außerdem sang auf Wunsch von Angehörigen "Der Graf", Sänger der Band "Unheilig", das Lied "Geboren um zu leben". Am Ende des Gedenkens an die Techno-Parade vor einem Jahr stand ein Techno-Lied.



Abgeschirmt von der Öffentlichkeit kamen die Opfer-Angehörigen anschließend am Unglücksort zusammen, während in allen Duisburger Kirchen die Glocken läuteten. Am Unglückstunnel, wo vor einem Jahr 21 junge Menschen zu Tode gequetscht wurden, erinnerten 21 Kreuze sowie Blumenkränke und hunderte Kerzen an die Opfer