Gedenken an Hitler-Attentäter vom 20. Juli

Vermächtnis des Widerstands wahren

Mit zahlreichen Veranstaltungen wird am Mittwoch an den Umsturzversuch gegen Hitler vor 67 Jahren erinnert. Mittags ist eine Kranzniederlegung im Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin geplant, zu der auch Bundespräsident Christian Wulff erwartet wird. Die Kölner Katholiken gedenken besonders auch dem Dominikanerpater Laurentius Siemer.

 (DR)

Eröffnet wird der Gedenktag zum 20. Juli 1944 mit einem ökumenischen Gottesdienst am Morgen in der Gedenkstätte Plötzensee. Dort waren zwischen 1933 und 1945 mehr als 3.000 Menschen hingerichtet worden, darunter 89 infolge des gescheiterten Hitler-Attentats. Am Nachmittag findet eine Feierstunde der Bundesregierung in der Gedenkstätte statt. Dabei wird Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eine Ansprache halten.



Die Bundeswehr hält aus Anlass des 67. Jahrestages am Abend vor dem Reichstag ein Gelöbnis ab. Die Rede wird der Bundespräsident halten. Mit dem Zeremoniell am 20. Juli unterstreicht nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums die Bundeswehr die große Bedeutung des militärischen Widerstandes für das eigene Traditionsverständnis.



Am 20. Juli 1944 plante eine Gruppe von Militärs und Zivilisten um den Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit einem Attentat auf Hitler einen Staatsstreich gegen das NS-Regime. Nach dem der Bombenanschlag scheiterte, schlugen die Nazis mit aller Härte zurück und ließen noch in der gleichen Nacht Stauffenberg und weitere Männer wie Friedrich Olbricht, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften im Hof des Bendlerblock erschießen.



Im Widerstand: Dominikanerpater Laurentius Siemer

Einer der bekanntesten katholischen Widerstandskämpfer, der auch maßgeblich an der Vorbereitung des 20. Juli 1944 beteiligt war, war der Dominikaner Laurentius Siemer, ein Nachkomme Oldenburger Bauern. Den Nazis begegnete Pater Laurentius zunächst mit vorsichtigem Taktieren und Skepsis. Aber bald nach der Machtübernahme entschied er, dass deren Ideologie mit der katholischen Glaubenslehre nicht vereinbar sei. 1933 schrieb er in einem Leitartikel der "Germania", der Parteizeitung des katholischen Zentrums: "Wer in der Nation das Ganze schlechthin sieht, wer sie nicht mehr als Teil erkennt, sondern eine absolute Größe in ihr erblickt, hat die Beziehung zum eigentlichen Ganzen verloren. Es wird schlechthin die Aufgabe aller gotterleuchteten Männer sein, auf die ewige Wertordnung hinzuweisen. Eine Rassenkultur, die der Nation wertvolle Kräfte raubt, wahre Wissenschaft und echte Kunst einengt, Religion abhängig macht von der Rasse, ist Degeneration".

Die Gestapo nahm den Ordensmann am 9. April 1935 unter dem Vorwand eines Devisenverbrechens in Köln fest. Nach drei Monaten im Kölner "Klingelpütz" wurde er ins Gefängnis von Oldenburg verlegt. Die dortigen Haftbedingungen haben zwei weitere Dominikaner, der vorherige Provinzial Pater Thomas Stuhlweißenburg und der Missionsprokurator von Vechta, Pater Titus Horten, nicht überlebt.

Wie Pater Rainer Maria Groothuis in seinem Buch "Im Dienste einer überstaatlichen Macht - die deutschen Dominikaner unter der NS-Diktatur" beschreibt, entwickelte sich Siemer nun zu einem entschiedenen NS-Gegner. Er rief die Bischofskonferenz auf, sich stärker gegen den Unrechtsstaat zu wehren und traf 1941 auf Vertreter der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) in Köln. Im dortigen Kettelerhaus fand 1942 eine historische Besprechung statt - es wurden Pläne für ein "Viertes Reich" entworfen. Zu den engsten Weggefährten im Widerstand von Siemer - Mitglied sowohl des Kölner wie auch des Kreisauer Kreises - gehörten der Rechtsanwalt Josef Wirmer, Nikolaus Groß, Bernhard Letterhaus, Monsignore Otto Müller wie auch Pater Eberhard Welty.

Als am 20. Juli 1944 der Attentatsversuch auf Hitler fehlschlug, befand sich Siemer im Kloster Schwichteler bei Vechta, um eine Bronchitis auszukurieren. Zwei Monate später, am 16. September, spürte ihn die Gestapo dort auf. Doch gelang ihm auf abenteuerliche Weise die Flucht in den Stall eines Landwirts in Schwichteler. Bald darauf begab er sich zu einem entlegenen Hof in Handorf bei Holdorf. Dort hielt er sich auf, bis britische Soldaten am 11. April 1945 durch den Ort zogen. Sein Steckbrief lautete: "Sucht den Provinzial des Dominikanerordens Josef Siemer, genannt Pater Laurentius, der sich führend an der Vorbereitung des Attentats auf den Führer vom 20. Juli 1944 beteiligt hat. Es gelang ihm, unmittelbar vor der Verhaftung zu entfliehen."

Der bis Anfang 1947 amtierende Provinzial wurde von 1949 bis 1952 Generalsekretär der Katholischen Deutschen Akademikerschaft in Köln. Der Verfechter eines "christlichen Sozialismus" widmete sich nun vor allem sozialethischen Fragen und baute Walberberg zu einem geistigen Zentrum der neuen Bundesrepublik aus. Schließlich entdeckte er, als einer der ersten Theologen überhaupt, die modernen Medien. Durch Rundfunk- und Fernsehansprachen wurde er weit über Köln hinaus bekannt. Unerwartet starb er während der Vorbereitungen für eine Fernsehsendung am Abend des 21. Oktober 1956 im Dominikanerkonvent Sankt Andreas zu Köln, wo er die letzten Jahre seines Lebens zugebracht hatte.