Unverständnis im Bistum Magdeburg über "Welt"-Artikel zu Gero AG

"Keine neuen Inhalte"

"Bistum verzockt Millionen an Kirchensteuern" berichtete am Freitag die Tageszeitung "Die Welt". Und meint den Fall der Gero AG in Magdeburg. Der ist allerdings schon lange bekannt. Im domradio.de-Interview spricht der Abwickler der Bistums-Tochtergesellschaft über das alte "Desaster" und neue Vorwürfe.

 (DR)

domradio.de: "Die Welt" berichtet da von einem Thema, das schon vor zwei Jahren durch die Presse ging. Warum kommt es jetzt wieder auf den Tisch?

Frank Meyer: Da kann man nur mutmaßen. Es ist kein neues Thema. Wir arbeiten seit 2008 - ich als Vorstand gemeinsam mit den Bistumsverantwortlichen - an der Aufklärung dieses ohne Zweifel wirtschaftlichen Desasters. Deswegen: keine neuen Inhalte, in dem, was "Die Welt" heute geschrieben hat. Sie nimmt Wertungen vor, die ich so nicht teile. Warum gerade jetzt noch mal dieses Thema? Ich hege die Vermutung, das hängt damit zusammen und ist Teil der Aufarbeitung, dass wir zum Ende des letzten Jahres verschiedene Regressprozesse am hiesigen Landgericht gegen vormalige Verantwortliche haben anstrengen müssen. Ich betone müssen, weil wir uns zunächst um eine außergerichtliche Einigung bemüht haben. Es geht nicht darum, dass wir den gesamten wirtschaftlichen Misserfolg sozusagen rückabwickeln wollen, sondern es geht einfach um konkrete Pflichtverletzungen, die von Wirtschaftsprüfern festgestellt wurden, die im Rahmen der Betriebsprüfung zutage getreten sind. Die haben wir beim Landgericht anhängig machen müssen. Ich vermute, dass in diesem Zusammenhang das Thema jetzt noch mal aufgegriffen wurde.



domradio.de: Gucken wir nochmals hin: Wer war die Gero AG und was haben Sie vorgefunden, als sie sie 2008 übernommen haben?

Meyer: Zur Vergangenheit kann ich gar nicht viel sagen. Ich bin 2008, als das wirtschaftliche Desaster offenkundig wurde, erst mit den Dingen befasst gewesen. Was ich sagen kann, ist: dass die Gero AG aus einer nicht nur anerkennenswerten, sondern sicherlich in Bistümern verbreiteten Aktivität, nämlich einem Siedlungswerk hervorgegangen ist. Und man hat etwa um die Jahrtausendwende dann die Umwandlung der damals in einer GmbH organisierten Siedlungswerkaktivität in eine Aktiengesellschaft betrieben. Und hat sich in den Folgejahren in Aktivitäten begeben, die quasi flächendeckend schief gegangen sind. Das war die Situation, die 2008 das Amt der Abwicklung und Sanierung, aber eher der Abwicklung, übernommen hat.



domradio.de: 45 Millionen ist eine Menge Geld, vor allem ein Haufen Schulden. Wie kommt der Betrag zustande?

Meyer: Die Zahl will ich weder bestätigen noch dementieren, die müssen die Journalisten für sich selbst ausgerechnet haben, dazu will ich nichts sagen. Was man sagen kann: Seit 2008 sind wir bemüht, den Rückbau zu betreiben und möglichst schadensmindernd tätig zu werden. Was am Ende - und die Abwicklung wird noch einige Zeit dauern - als Endbetrag rauskommt, das vermag ich nicht zu sagen; ob die 45 Millionen berechtigt sind - oder ob es dann vielleicht doch deutlich weniger ist.



domradio.de: Wo steckt das Geld denn?

Meyer: Aktivitäten waren breit gestreut. Und waren bis auf einige Finanzgeschäfte, die auch durchaus risikobehaftet waren, wenig erfolgreich. Das ging hin bis zu einer Biogasanlage, zu Solarparkprojekten und ausländischen Immobilienbeteiligungen. Sicherlich Geschäfte, bei denen man sich am besten vorher überlegt hätte, ob man sie beginnt. Und die dann tatsächlich im Wesentlichen zu den Geschäften beigetragen haben.



domradio.de: In diese Geschäfte der Gero AG hat das Bistum investiert. Der Vorwurf der "Welt" ist der, dass das Bistum seine Aufsicht verletzt habe und die geistlichen Würdenträger an den verlustträchtigen Geschäften maßgeblich beteiligt gewesen seien. Wie schätzen sie das ein?

Meyer: Auch das ist eine Wertung der Journalisten, die ich so nicht teile. Es ist sicherlich richtig, dass das Bistum in die Aktivität Gero AG investiert hat, die Gero AG mit dem entsprechenden Stammkapital ausgestattet hat. Und die dann maßgeblich Verantwortlichen sind nun mal der ehemalige Vorstand und der ehemalige Geschäftsführer. Ganz deutlich will ich aber auch sagen, weil es insbesondere die jetzige Bistumsführung immer deutlich macht, auch der Generalvikar, dass man natürlich auch als Gesellschafter und erst recht wenn man im Aufsichtsrat vertreten ist, Verantwortung trägt. Und diese Verantwortung ist schon erheblich abgestuft. Und ob das richtig ist, was die beiden "Welt"-Journalisten zu ihrer Meinung machen, nämlich dass maßgeblich die Bistumsvertreter daran beteiligt sind, das wage ich sehr zu bezweifeln.



domradio.de: Wie kommt das Bistum jetzt wieder an sein Geld, das noch in der Gero AG oder jetzt GmbH steckt? Wird das Bistum das Geld abschreiben müssen - und damit die Katholiken im Bistum Magdeburg auf ihr Geld verzichten müssen?

Meyer: Das wird man abwarten müssen. Ich gehe davon aus, und das gehört dann auch zur ehrlichen Aufarbeitung, dass am Ende Verluste verbleiben werden. Alles andere wäre Augenwischerei. Aber das, was wir seit 2008 betreiben, ist Schadensminderung.  



Zur Person: Frank Meyer ist Rechtsanwalt und war seit 2008 der Vorstand der Gero AG, während der Aufarbeitung und Abwicklung der wirtschaftlichen Schieflage. Die Aktiengesellschaft wurde inzwischen in eine GmbH umgewandelt. Damit endete Meyers Amt.



Das Gespräch führte Monika Weiß.