Forscher ordnen Gebeine aus Severin-Schrein mit großer Wahrscheinlichkeit dem Heiligen zu

Auf jeden Fall nicht aus Düsseldorf...

Die Gebeine aus dem Severin-Schrein in Köln sind nach jüngsten Forschungsergebnissen mit großer Wahrscheinlichkeit die des heiligen Severin. Die Forscher seien sich zudem sicher, dass die Gebeine aus Südbayern oder vom Niederrhein kämen. "Er kommt auf jeden Fall nicht aus Düsseldorf, da können sich die Kölner sicher sein", so scherzhaft die Archäologin Ulrike Reichert.

Autor/in:
Benedikt Angermeier
Der Heilige Severin - fest unter Verschluss  (KNA)
Der Heilige Severin - fest unter Verschluss / ( KNA )

Der Reliquienschrein des heiligen Severin in der Kölner Innenstadtkirche St. Severin ist eine archäologische Wunderkiste. Als der Aufbewahrungsort der Gebeine des dritten Kölner Bischofs 1990 geöffnet wurde, staunten Archäologen nicht schlecht: Sieben gut erhaltene Tücher aus dem frühen Mittelalter lagen zusätzlich mit im Holzbehälter. "Der Reliquienschrein ist ein sensationeller Fund, da nur sehr wenige komplette Textilien aus dieser Zeit bekannt sind", so die Bonner Historikerin für Kirchenarchäologie Sabine Schrenk.



Über elf Jahre hatten Forscher an der Datierung der Funde gearbeitet

Am Mittwoch wurden die Ergebnisse der Forschungen in Köln vorgestellt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch im Band "Studien zur Kölner Kirchengeschichte" unter dem Titel "Der hl. Severin von Köln - Verehrung und Legende" erschienen. Der 1819 gefertigte goldene Schrein mit den vermuteten Gebeinen des Heiligen enthält einen weiteren, wohl aus dem 10. Jahrhundert stammenden Holzschrein. Über elf Jahre lang hatten Forscher unter anderem an der Datierung der Funde gearbeitet.



Die vermutlich aus Zentralasien stammenden Textilien seien gerade durch ihre Größe beeindruckend, so Schrenk. Mit einer Länge von 2,74 Meter und einer Breite von 1,34 Meter sei das gefundene "Rautenmuster"-Seidentuch die absolute Besonderheit. Tücher aus dieser Zeit seien meistens nur noch als kleine Stofffetzen zu finden, so die Forscherin. "Mit diesen Maßen ist es das größte erhaltene Seidengewebe aus dem Mittelalter."



Fressspuren von Mäusen dienten als Indizien

Der Beweis für die Datierung der Stoffe fällt jedoch ungewöhnlich aus: Fressspuren von Mäusen lassen die Archäologen sicher sein, dass die Stoffe etwa aus dem Jahr 1000 stammen. Im Schrein waren auch Mäuseknochen gefunden worden. Deren Todesdatum konnte durch eine in der Archäologie verbreitete Forschungsmethode, die sogenannte Radiokohlenstoffdatierung, festgestellt werden. "Vermutlich sind sie bei den Feierlichkeiten zur Einweihung der Holzlade mit Getreide-Garben mit hineingekommen und dann verhungert", vermutet Schrenk.



Das decke sich zeitlich sehr gut mit einer auf das Jahr 948 datierten Neuanlegung des Heiligengrabes. Denn auch die Jahrringanalyse habe ergeben, dass das Holz exakt aus diesem Jahr stamme. "Das ist ein sehr seltener Fall, dass eine Schriftquelle mit Laboranalysen übereinstimmt", so die Archäologin.



Mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem 5. Jahrhundert

Die Gebeine aus dem Severin-Schrein in Köln sind nach den jüngsten Forschungsergebnissen mit großer Wahrscheinlichkeit die des Heiligen - und damit aus dem 5. Jahrhundert. Die Forscher sind sich zudem sicher, dass die Gebeine aus Südbayern oder vom Niederrhein kommen.

"Er kommt auf jeden Fall nicht aus Düsseldorf, da können sich die Kölner sicher sein", so scherzhaft die Kölner Archäologin Ulrike Reichert.



Severin ist der dritte überlieferte Bischof von Köln. Er trat sein Amt in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts an. In der Legende wird er wegen seiner Fähigkeit gerühmt, himmlischen Gesang wahrnehmen zu können. Gregor von Tours berichtete, Severin habe durch himmlische Gesänge vom Tod des heiligen Martin erfahren, als er in Köln nach der Messe die heiligen Stätten der Stadt umschritt. Gesicherte Nachrichten über Severins Wirken fehlen völlig.



Ältestes Bischofssiegel erforscht

Eine ebenfalls wertvolles archäologisches Ergebnis betreffe die Siegel auf dem Holzbehälter, so der Historiker Joachim Oepen vom Diözesanarchiv des Erzbistums Köln. Mit einer 3D-Analyse sei es den Forschern gelungen, den für das bloße Auge verblassten Siegelabdruck sichtbar zu machen. Das etwa bierdeckelgroße Siegel sei eines der ältesten bekannten Bischofssiegel.



Der Reliquienschrein wurde auch schon 1960 geöffnet, allerdings ohne dass der kunsthistorische Wert erkannt wurde. Ein großes Glück, findet Schrenk, denn erst jetzt sei die wissenschaftliche Forschung technisch so weit fortgeschritten, um die Bedeutung der Fundstücke voll auswerten zu können.