Caritas International hilft unter schwersten Bedingungen in Ostafrika

"Wir haben den Höhepunkt noch nicht erreicht"

Die Hungerkatastrophe am Horn von Afrika hat sich lange angekündigt. Und: sie ist noch lange nicht vorüber. Im Interview mit domradio.de beschreibt Wolfgang Fritz vom katholischen Hilfswerk Caritas International das ganze Ausmaß der dramatischen Situation.

 (DR)

domradio.de: Wie ist die aktuelle Lage am Horn von Afrika?

Fritz: Wir haben es im Moment mit einer Katastrophe zu tun, die sich angekündigt hat. In der Region gibt es im Jahr normalerweise zwei Regenzeiten. Im letzten Jahr sind beide ausgefallen. Und auch die neue, auf die alle gehofft hatten, ist ausgeblieben. Die ganzen Vorräte sind aufgebraucht, die Menschen sitzen vor leeren Vorratskammern und haben nichts mehr zu essen.



domradio.de: Selbst wenn man jetzt anpflanzt, würde es nicht gedeihen wegen der Dürre?

Fritz: Ich war im Mai in Äthiopien in Gebieten, die ich von früheren Besuchen kannte - und die im Mai und Juni eigentlich grün sein müssten. Und wo sich die Menschen auf die nächste Ernte im Juli und August vorbereiten. In diesem Jahr waren alle Felder vertrocknet. Und es ist absehbar, dass die Ernte in diesem Jahr total ausfallen wird. Das heißt: Wir haben noch nicht den Höhepunkt der jetzigen Katastrophe erreicht.



domradio.de: Schon früher kam es immer wieder zu solchen Dürren. Warum kann man noch immer nichts dagegen tun?

Fritz: Es wird etwas getan. In der Zeit, in der keine Dürre ist, sind viele Hilfswerke und Organisationen damit beschäftigt, Vorsorge zu treffen, um das Risiko im Fall von Dürren zu reduzieren. Wir haben es aber in diesem Jahr mit einer ganz besonderen Situation zu tun. Die jetzige Situation ist bedingt durch Faktoren, die einander verstärken.



domradio.de: Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Fritz: In den vergangenen Jahrzehnten kamen die Dürren in relativ großen Abständen von acht bis zehn Jahren. In den letzten Jahren haben sich die Abstände verringert, die Dürren kommen regelmäßiger, im Moment alle drei bis vier Jahre. Das hat sicher Ursachen im Klimawandel, aber auch andere. So sind aufgrund der Knappheit in den letzten Monaten die Lebensmittelpreise sehr stark gestiegen. In Kenia hat sich der Maispreis seit Anfang des Jahres verdreifacht. In Somalia sind die Menschen aufgrund der unsicheren Lage im Land nicht in der Lage, anzupflanzen, weil sie Angst vor Plünderungen von Milizen haben.



domradio.de: Ist es auch deshalb schwierig vor Ort zu helfen?

Fritz: Es ist extrem schwierig in Somalia, im Land zu helfen. Wir haben einige wenige Partner dort, die unter schwierigsten Umständen Hilfe leisten können. Aber die Sicherheitslage macht diese Arbeit sehr schwierig.



domradio.de: Was muss die Internationale Gemeinschaft jetzt tun? Die Bundeskanzlerin hat heute eine Million Euro Soforthilfe zugesagt...

Fritz: Wir haben eine sehr große Krise. Wir brauchen dringen Unterstützung, um die Menschen mit Nahrung und Trinkwasser unterstützen zu können. Insofern ist der Beitrag der Bundesregierung ein wichtiger. Wir würden uns aber auch wünschen, dass die Gelder auch auf anderen Gebieten zur Verfügung gestellt werden.



Das Gespräch führte Uta Vorbrodt.