Auch Hilfswerke kritisieren die Afrika-Hilfe der Bundesregierung

"Beschämendes" Engagement

Im Osten Afrikas verhungern täglich Menschen, Hunderttausende Kinder sind vom Tod bedroht. Doch die Internationale Gemeinschaft wendet sich nur langsam der Krise zu. Viel zu langsam, kritisiert auch die Diakonie Katastrophenhilfe. Die katholische Kirche rief erneut zu Soforthilfe auf.

 (DR)

Die Not der Menschen sei katastrophal, so Helmut Hess im Interview mit domradio.de am Dienstag (19.07.2011). Es handle sich um die schlimmste Hungerkrise seit 60 Jahren. Deshalb sei die Hilfe, die die Bundesregierung bislang geleistet habe, "beschämend".



"Ich hätte schon erwartet, dass Deutschland eindringlicher reagiert", so Hess. Offensichtlich setze die Bundesregierung "andere Prioritäten" wie das  Engagement gegen Piraterie oder die  Ausbildung von Polizisten. Die Helfer vor Ort seien verzweifelt. Die Menschen kämen in den Hilfslagern an und stürben dennoch, weil im Augenblick nur Hilfe "in bescheidenem Umfang" geleistet werden könne.



Schick: Hunger ist Armutszeugnis für die Menschheit

Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, bezeichnete Hunger als "Armutszeugnis für die Menschheit im 21. Jahrhundert". "Wir können auf den Mond fliegen, wir haben die raffiniertesten Waffen entwickelt, um mörderische Kriege zu führen", aber die Menschheit sei unfähig, genügend Essen für die Menschen bereitzustellen, kritisierte Schick am Dienstag. Gegenwärtig sei die Weltgemeinschaft weit davon entfernt, die Millenniumsziele des Jahres 2000 zu erreichen, nach denen der Hunger bis 2015 halbiert werden soll.



Der Erzbischof forderte konkrete Langzeitstrategien zur Hungerbekämpfung. Durch ein weltweit funktionierendes Nahrungsverteilungssystem könnten Hunger-Katastrophen wie derzeit in Ostafrika verhindert werden. "Länder mit Getreideüberfluss müssen denen helfen, die an Nahrungsmittelmangel leiden." Anbauflächen sollten nicht für Energiegewinnung und andere Luxusgüter zweckentfremdet werden. "Getreide gehört auf die Tische und nicht in den Tank."



Schick rief gleichzeitig zur Soforthilfe für die Menschen in Somalia und Ostafrika auf. "In dieser humanitären Katastrophe müssen wir alle unsere Kräfte aufbieten, um die Menschen dort vor dem Hungertod zu retten." Aus seiner Stiftung "Brot für alle Menschen" stellte der Bamberger Erzbischof 30.000 Euro zur Verfügung.



"Kleckerbeträge"

Der Sprecher für Welternährung, Thilo Hoppe, warf der Bundesregierung bereits am Montag in Berlin vor, die UN und andere Hilfswerke angesichts des schlimmsten Desasters in der Region seit 60 Jahren mit "Kleckerbeträgen" abzuspeisen.



Während Großbritannien bereits rund 60 Millionen Euro für die Darbenden in Somalia und den benachbarten Regionen zur Verfügung gestellt habe, "blamiert sich Deutschland mit sechs Millionen Euro", so Hoppe. Selbst das immer noch unter den Folgen des Tsunami leidende Japan zeige sich großzügiger und solidarischer. Der britische Entwicklungsminister Andrew Mitchell, habe bereits von "peinlichen Beträgen" einiger reicher europäischer Staaten gesprochen.



Es sei richtig, dass Regierungsvertreter die Bevölkerung zu Spenden aufriefen. Die Regierung müsse aber mit gutem Beispiel vorangehen. Neben der Soforthilfe sollten die EU-Entwicklungsminister zudem mit der Afrikanischen Union und der UN einen Strategieplan für das Horn von Afrika erarbeiten, um die Menschen künftig vor Hunger und Gewalt zu schützen.



Schlimmste Dürre seit 60 Jahren

Infolge der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren hungern nach Angaben der Vereinten Nationen am Horn von Afrika gegenwärtig etwa zehn Millionen Menschen. Betroffen sind vor allem Somalia, Äthiopien und Kenia.



Papst Benedikt XVI. hatte die Welt am Sonntag aufgerufen, ihre Hilfe für die Notleidenden auszuweiten. Vatikansprecher Federico Lombardi warf der internationalen Gemeinschaft am Wochenende in einem Kommentar Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal Somalias vor.

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