Erzbischof Zollitsch zum Auftakt des Dialogprozesses

"Wir brauchen den langen Atem"

In Mannheim ist am Samstag die Auftaktveranstaltung zum Dialog über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland zuende gegangen. Auf Einladung der deutschen Bischöfe diskutierten insgesamt rund 300 Teilnehmer über Perspektiven für die Kirche von morgen. Es handelte sich um das größte Gespräch dieser Art seit der Würzburger Synode (1972-1975). Im Interview zieht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, eine erste Bilanz.

 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, welche Eindrücke nehmen Sie aus Mannheim mit?

Zollitsch: Ich war sehr angetan, mit welcher Offenheit wir unsere Hoffnungen, Fragen und Probleme besprechen konnten. Ich habe gespürt: Da wächst eine neue Kommunikations- und Sprachfähigkeit in unserer Kirche in Deutschland.



KNA: Was konkret brennt den Menschen denn auf den Nägeln?

Zollitsch: Beispielsweise die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene. Ein weiteres Thema ist die Frage nach einer stärkeren Rolle der Frau in der Kirche oder wie wir das Verhältnis von Priestern und Laien künftig ausgestalten. Und es gibt zugleich die sehr grundlegende Frage: Wie verkünden wir heute Gott und den Glauben und wie verkünden wir das der Jugend? Das alles sind wichtige Sachfragen, denen wir uns auch stellen werden.



KNA: In welcher Form wollen Sie das tun?

Zollitsch: Wir werden auf der nächsten Vollversammlung der Bischöfe aber auch schon vorher die Ergebnisse des Mannheimer Treffens auswerten und schauen, wie wir im Lauf der nächsten vier Jahre dann auch diese Themen intensiv miteinander besprechen und behandeln.



KNA: Verstehen Sie, dass manch einer angesichts dieses Zeitraums ungeduldig wird - zumal ja Themen wie eine stärkere Beteiligung von Frauen an der Kirchenleitung schon seit Jahrzehnten auf der Agenda stehen?

Zollitsch: Manche sind ungeduldig, ja. Aber wir brauchen den langen Atem. Denn es geht ja um sehr wichtige, entscheidende Dinge. Und da müssen wir uns diese Zeit nehmen. Solche Fragen löst man nicht mit einem Schnellschuss.



KNA: Es gibt andere, konservative Stimmen in der Kirche, die einen deutschen Sonderweg, ja sogar eine Spaltung von Rom befürchten. Ist diese Sorge berechtigt?

Zollitsch: Ganz und gar nicht. Wir sind wirklich mitten in der katholischen Kirche. Wir haben Punkte, die wir mit Rom besprechen wollen. Aber ich halte das für einen absurden Gedanken: Als wollte irgendjemand in Deutschland sich ernsthaft von Rom trennen!



KNA: Der Dialogprozess ist zunächst bis auf das Jahr 2015 angelegt. Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für die katholische Kirche in Deutschland?

Zollitsch: Ich wünsche mir eine junge Kirche, die dann sagt: "Wir brechen auf in die Zukunft und es gelingt uns, möglichst Vielen das Evangelium als Grundlage des Lebens zu vermitteln und damit den Menschen Hoffnung und Zukunft zu geben."



Interview: Gottfried Bohl und Joachim Heinz