Bundestag beschließt Heimkinder-Fonds

Späte Entschädigung

Auch ostdeutsche Heimkinder sollen nach dem Willen des Bundestages entschädigt werden. Bei seinem Beschluss über finanzielle Hilfen für Opfer der Heimerziehung in der alten Bundesrepublik sprach sich das Parlament auch für eine Entschädigung ostdeutscher Heimkinder aus.

 (DR)

Der Fonds für Kinder aus Heimen der alten Bundesrepublik soll zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kirchen finanziert werden. Erwachsene, die als Kinder und Jugendliche in DDR-Heimen Unrecht erlitten haben, sollen ebenfalls entschädigt werden.



Für Heimkinder aus der alten Bundesrepublik sollen 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Für die Entschädigung ostdeutscher Betroffener sollen dem Beschluss zufolge der Bund und die neuen Länder aufkommen. Details sind noch unklar. Sachsen und Thüringen begrüßten in einer ersten Reaktion den Beschluss.



Das sächsische Sozialministerium betonte jedoch, dass das am Runden Tisch ausgearbeitete Finanzierungsmodell für Fälle aus der alten Bundesrepublik für die neuen Bundesländer nicht funktioniere. Die Drittel-Lösung auch hier anzuwenden, würde bedeuten, dass die ostdeutschen Länder "überproportional für die Kosten herangezogen werden, da hier die kirchliche Beteiligung fehlt", erklärte ein Ministeriumssprecher am Freitag auf Anfrage.



Bund stärker in der Pflicht

Der Bund soll sich zumindest mit 50 Prozent anstelle des Drittels an den Zahlungen beteiligen, hieß es. "Das ist aus unserer Sicht die gerechtere Lösung." Das Ländergeld soll vermutlich vom Sozialministerium gestellt werden. Dies sei jedoch noch nicht abschließend geklärt.



Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) sagte dem epd, sie sei froh, dass nunmehr eine ähnliche Regelung wie für misshandelte Kinder und Jugendliche aus westdeutschen Heimen gefunden worden sei. Nunmehr müssten die betroffenen Länder in einem ersten Schritt "zu einem objektiven Bild" von Umfang und Ausmaß der Kindesmisshandlung und des Missbrauchs in DDR-Heimen gelangen. Dazu sei für Donnerstag ein erstes Arbeitsgespräch mit dem Bund vorgesehen. Thüringen ist das einzige Bundesland mit einem eigenen Arbeitskreis zu Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch in Einrichtungen der DDR-Jugendhilfe.



Empfehlung des Runden Tisches Heimerziehung

Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau zeigte sich über die Entscheidung des Bundestages "hoch erfreut". "Das wichtigste ist, dass es endlich eine öffentliche Anerkennung über das geschehene Unrecht gibt", sagte Gabriele Beyer vom Vereinsvorstand. Es komme weniger auf die Höhe der Entschädigungszahlungen an, sondern vielmehr darauf, dass den Betroffenen Beratung und Psychotherapien von dem Geld bereitgestellt werden. Der Jugendwerkhof in der sächsischen Stadt war die einzige geschlossene "Disziplinierungseinrichtung" für Jugendliche in der DDR.



Der Bundestag folgte mit dem Beschluss am Donnerstagabend einer Empfehlung des Runden Tisches Heimerziehung, der im Auftrag des Parlaments die Geschichte der Heimerziehung in der frühen Bundesrepublik aufgearbeitet hatte. Mit den Zahlungen soll zum Beginn des kommenden Jahres begonnen werden. 100 Millionen Euro sind für direkte Hilfen vorgesehen, 20 Millionen Euro für Rentennachzahlungen. Nach den Verhandlungen am Runden Tisch wurden zunehmend auch Forderungen nach einer Entschädigung von DDR-Heimkindern laut.