Katholische Bischöfe bekräftigen Forderung nach Verbot der PID

"Gezielte Selektion"

Wenige Tage vor der Abstimmung im Bundestag zur Präimplantationsdiagnostik appellieren die katholischen Bischöfe an die Politik: PID sei "nicht hinnehmbar, weil Menschen bestimmen, was lebenswert ist und was nicht lebenswert ist", so der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Robert Zollitsch.

 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, nach der evangelischen Kirche hat auch der Deutsche Ärztetag sich nicht der Forderung nach einem strikten PID-Verbot angeschlossen. Steht die katholische Kirche alleine mit ihrem konsequenten Nein?

Zollitsch: Ich kann in der Stellungnahme der evangelischen Kirche zur PID keine einheitliche Ablehnung des strikten PID-Verbots lesen, ganz im Gegenteil! Die Mehrzahl der Ratsmitglieder hat sich gerade für ein Verbot der PID ausgesprochen. Auch der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Huber, hat bei der Experten-Anhörung im Bundestag Ende Mai 2011 gegen die PID Stellung genommen. Ebenso ist der Ethikrat in der Frage der PID, wie man in seiner Stellungnahme nachlesen kann, alles andere als einig. Darüber hinaus gibt es einen eigenen Gesetzentwurf, der die PID ohne Ausnahmen verbieten möchte und hinter dem ausgesprochen viele Befürworter stehen. Wir stehen also mit unserem konsequenten, begründeten Nein zur PID alles andere als allein da.



KNA: Die Befürworter der PID verweisen darauf, dass nach deutschem Recht ein Embryo im Uterus abgetrieben werden darf, wenn eine Behinderung festgestellt wurde. Sie meinen, nach einer Zeugung in vitro müsse das gleiche Recht gelten. Was halten Sie von diesem Argument?

Zollitsch: Sie wissen, dass wir die Abtreibung - zu welchem Zeitpunkt auch immer - ablehnen, weil ein Schwangerschaftsabbruch die Tötung eines Kindes bedeutet. Im übrigen gilt: Rechtlich bleibt ein Schwangerschaftsabbruch straffrei mit Blick auf den Gesundheitszustand der Frau und nicht mit Blick auf den Gesundheitszustand des Embryos. Dagegen soll es in zwei der vorliegenden Gesetzentwürfe durch die PID gerechtfertigt sein, befruchtete Eizellen zu produzieren mit der Absicht einer gezielten Selektion. Dies ist mit einer Abwägung der Schutzinteressen zwischen Mutter und Kind in einer bestehenden Schwangerschaft nicht vergleichbar.



KNA: Bei der Abstimmung im Bundestag wird es neben dem Totalverbot auch die Variante einer eng begrenzten Zulassung unter der Bedingung geben, dass der Embryo ohnehin nicht lebensfähig ist. Dürfen katholische Abgeordnete, um eine weitergehende Freigabe zu verhindern, für diese Kompromissformel stimmen?

Zollitsch: Für die katholische Kirche ist klar: Das menschliche Leben beginnt mit der Vereinigung von Ei- und Samenzelle. Wenn ich jetzt anfange, selbst zu entscheiden, welches Leben lebenswert ist und welches nicht, mache ich mich zum Herrn über Leben und Tod. Jedes menschliche Leben ist von Gott geschaffen und schützenswert. PID ist nicht hinnehmbar, weil Menschen bestimmen, was lebenswert ist und was nicht lebenswert ist. Damit dürfen wir gar nicht erst anfangen.



KNA: Der neue Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat unlängst festgestellt, Deutschland sei auf dem Weg zu einer "Salami-Ethik", schon jetzt würden 95 Prozent der Embryonen mit Down-Syndrom abgetrieben. Andere warnen vor einem "Dammbruch", falls das PID-Verbot fällt. Warum diese dramatische Sprache, wenn es, wie manche Experten sagen, bei der PID nur um einige hundert Fälle pro Jahr geht?

Zollitsch: PID heißt doch nichts anderes als Selektion. Und damit wird eindeutig eine Grenze überschritten. Wenn dies geschieht, wird nicht mehr zu verhindern sein, dass auch aus anderen Gesichtspunkten PID angewandt werden wird. Wer darf sich das Recht herausnehmen, die Kriterien festzulegen und so über Leben und Tod eines anderen Menschen zu bestimmen?



Das Gespräch führte der Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur KNA Ludwig Ring-Eifel.