Der frühere Berliner Erzbischof stirbt nach langer Krankheit

Trauer um Kardinal Sterzinsky

Kardinal Georg Sterzinsky, ist tot. Er starb im Alter von 75 Jahren in der Hauptstadt, wie das Erzbistum Berlin am Donnerstag bekannt gab. domradio.de blickt zurück auf das Leben des früheren Berliner Erzbischofs.

 (DR)

Der Ruhestand, den er so sehr herbeigesehnt hatte, war ihm nicht vergönnt. Am frühen Donnerstagmorgen starb der Berliner Alterzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, nach langer schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren. Von 1989 bis zum Februar 2011 stand er an der Spitze des Hauptstadterzbistums und prägte es nach dem Fall der Mauer entscheidend.



Kurz vor seinem 75. Geburtstag hatte sich Sterzinsky zwei schweren Magenoperationen unterziehen müssen. Anschließend versetzten ihn die Ärzte ins künstliche Koma, aus dem er zwar wieder erwachte. Eine grundlegende Besserung stellte sich jedoch nicht dauerhaft ein. So nahm Papst Benedikt XVI. sein bereits altersbedingt eingereichtes Rücktrittsgesuch an. Seither leitet Weihbischof Matthias Heinrich das Erzbistum übergangsweise bis zum Amtsantritt eines neuen Erzbischofs.



Sterzinskys Abschied vom bischöflichen Dienst verlief so turbulent wie sein Amtsantritt. Nur wenige Wochen vor dem Fall der Mauer wurde er 1989 Nachfolger des nach Köln berufenen Kardinals Joachim Meisner an der Spitze des politisch damals noch geteilten Bistums Berlin. Es folgten über 20 kräftezehrende Jahre.



Und die Wiedervereinigung

Als Berliner Erzbischof war Sterzinsky wie kein anderer seiner Amtsbrüder mit den Chancen und Problemen der Wiedervereinigung konfrontiert. Das Ende der DDR ermöglichte es ihm, die - kirchenrechtlich nie getrennten - rund 400.000 Katholiken in Berlin, Brandenburg und Vorpommern auch tatsächlich wieder zusammenzuführen. Nicht immer gelang es dabei, die durch Mauer und Stacheldraht 28 Jahre getrennten Kirchengemeinden wiederzuvereinen. Und bis zuletzt war Sterzinsky immer wieder herausgefordert, wechselseitige Vorurteile in Ost und West abzubauen.



Als seine schwierigste Aufgabe erwies sich jedoch die desolate Haushaltslage der 1994 zum Erzbistum erhobenen Diözese, die auch eine Folge der teilungsbedingten Doppelstrukturen in der Kirchenverwaltung war. Als die Finanzmisere zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts in aller Schärfe offenbar wurde, leitete Sterzinsky eine durchgreifende Strukturreform ein. Gemeinden wurden zusammengelegt, Kirchengebäude verkauft, Angestellte entlassen. Die Maßnahmen griffen, und die Verbindlichkeiten wurden von anfangs 114 Millionen Euro - auch mit Hilfe der anderen deutschen Bistümer - erheblich reduziert.



Über das Erzbistum hinaus machte sich Sterzinsky nicht nur durch den Sanierungskurs einen Namen. In der Deutschen Bischofskonferenz leitete er die Kommission für Ehe und Familie sowie die Unterkommission "Frauen in Kirche und Gesellschaft". Zudem war er stellvertretender Vorsitzender der Migrationskommission. Besonders zu diesen Fragen meldete er sich in der gesellschaftlichen Debatte zu Wort, trat für eine bessere Familienförderung sowie die Rechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen ein. Im Rahmen des Volksbegehrens "Pro Reli" warb er - vergeblich - für eine Aufwertung des Religionsunterrichts in Berlin.



"Deus semper maior - Gott ist immer größer"

Das Verhältnis zu Polen lag dem gebürtigen Ostpreußen besonders am Herzen. Immer wieder engagierte er sich für die deutsch-polnische Versöhnung. Bei diesem Thema konnte er aus persönlicher Betroffenheit sprechen. Als Zehnjähriger musste er seine Heimat verlassen und wuchs in Thüringen auf. Nach Theologiestudium und Priesterweihe in Erfurt war er unter anderem Seelsorger in Eisenach, Heiligenstadt und Jena, bevor ihn der Erfurter Bischof Joachim Wanke 1981 zu seinem Generalvikar berief.



Sterzinskys Verdienste erfuhren auch hohe staatliche und kirchliche Anerkennung. Im Jahr 2000 erhielt er das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, die zweithöchste Auszeichnung der Bundesrepublik. Bereits 1991 berief Papst Johannes Paul II. ihn ins Kardinalskollegium. Dabei blieb Sterzinsky eher ein Mann der leisen Töne. Er mied Auftritte in Talkshows, suchte lieber das persönliche Gespräch - gemäß seinem Leitwort "Deus semper maior - Gott ist immer größer".