Jürgen Rüttgers wird 60 Jahre alt

Der Arbeiterführer

Der Mann, der am 22. Mai 2005 eine politische Lawine auslöste, sitzt heutzutage länger als früher in der Kantine des Düsseldorfer Landtags. Jürgen Rüttgers ist nur noch einfacher Abgeordneter. Seit seiner schweren Wahlniederlage vor einem Jahr ist es ruhig geworden um Rüttgers. Heute wird er 60.

Autor/in:
Martin Teigeler
 (DR)

"Der Vorsitzende der Arbeiterpartei in NRW bin ich", sagte Rüttgers nach seinem historischen Erfolg vor sechs Jahren. Es war das Mantra eines Mannes, der so etwas wie das soziale Gewissen seiner Partei sein wollte. Der als Spitze gegen die SPD gewandte Spruch brachte ihm den Spitznamen "Arbeiterführer" ein. --
--
Der Wahlabend im Mai 2005 stellte die politischen Verhältnisse in Düsseldorf und Berlin auf den Kopf. Nach 39 Jahren verlor die SPD die Macht an Rhein und Ruhr. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) trat die Flucht in Neuwahlen an. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl wurde Rot-Grün abgewählt. Auch wenn die damalige SPD-Niederlagenserie vor allem mit dem Unmut über die Hartz-Reformen zusammenhing, war es ein Triumph für Rüttgers. --
--
Rüttgers schweigt --
Für ein Interview vor seinem 60. Geburtstag stand Rüttgers nicht zur Verfügung. Der Familienvater aus Pulheim bei Köln hält sich bisher sehr zurück mit öffentlichen Äußerungen. "Ich werde sicher nicht jeden Tag vom Spielfeldrand ins politische Tagesgeschäft hineinbolzen", sagte er vor einigen Monaten. --
--
Aus der CDU-Landtagsfraktion heißt es, er habe das Angebot für eine offizielle Feier abgelehnt. Dem Vernehmen nach ist Rüttgers an seinem Geburtstag mit der Familie im Ausland. Seine Internetpräsenz ist in diesen Tagen nicht erreichbar.--
--
Der Sohn eines katholischen Elektriker-Meisters machte nach dem Jura-Studium eine klassische CDU-Karriere. 1980 wurde Rüttgers Landeschef der Jungen Union. 1987 zog er erstmals in den Bundestag ein. Der damalige CDU-Kanzler Helmut Kohl machte ihn 1994 zum Bundesforschungsminister. 1999 setzte er sich in einer Kampfabstimmung um den NRW-CDU-Vorsitz durch. --
--
Vielleicht wäre Rüttgers schon bei der Landtagswahl 2000 erfolgreich gegen die ausgelaugte NRW-SPD gewesen, doch Affären stoppten ihn. Erst geriet die CDU durch den Parteispendenskandal um Helmut Kohl ins Schlingern, dann machte Rüttgers eine unglückliche Interview-Äußerung über "Kinder statt Inder". --
--
2005 gewann er dann doch noch in NRW - und setzte auf ein Image als Sozialpolitiker. So kämpfte er für Korrekturen an "Hartz IV". Für Negativschlagzeilen sorgten abschätzige Äußerungen über Rumänen, für die sich Rüttgers 2009 entschuldigte. --


Keine politischen Ämter in Planung--
Anfang 2010 enthüllte "Der Spiegel", dass die NRW-CDU Sponsoren ihres Parteitags gegen eine Gebühr ein exklusives Gespräch mit Rüttgers angeboten hatte. Auch wenn Rüttgers vehement bestritt, käuflich zu sein, beschädigte die Sponsoring-Affäre sein Ansehen schwer. Weitere Enthüllungen aus der NRW-CDU-Zentrale trugen dazu bei, dass Rüttgers bei der Wahl am 9. Mai 2010 Schiffbruch erlitt. Hinzu kam der Fehlstart von Schwarz-Gelb in Berlin. --
--
Nach seinem Abgang als CDU-Landeschef setzte sich die negative Serie für Rüttgers fort. Im Mai verfehlte er die Mehrheit bei Wahl zum europäischen Bahn-Lobbyisten. Politische Ämter strebt Jürgen Rüttgers nach eigenen Angaben nicht mehr an.