Predigten deutscher Bischöfe zu Fronleichnam

Demonstration des Glaubens

In Deutschland haben haben hunderttausende Katholiken am Donnerstag das Fronleichnamsfest gefeiert. Lesen Sie hier die Zusammenfassung der Predigten von Erzbischof Zollitsch, Kardinal Marx und anderer.

 (DR)

Zollitsch warnt vor wachsenden sozialen Gegensätzen

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, warnt vor einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland. "Wir müssen alles tun, dass die Schere in unserer Gesellschaft nicht weiter auseinandergeht", sagte der Freiburger Erzbischof in einer Predigt zum Fronleichnamsfest am Donnerstag in Mannheim. Er rief Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu einem "Aufbruch der Solidarität und Gerechtigkeit" auf.



Die Menschen dürften sich nicht damit abfinden, dass die Güter der Erde den Einen vorenthalten würden und den Anderen zur Mehrung von Reichtum und Einfluss dienten, fügte Zollitsch hinzu. Eine Gesellschaft, die nicht den Schwachen helfe und eine eigensüchtige Weltordnung habe, werde zerbrechen.



Zugleich wies Zollitsch auf einen gesellschaftlichen Wertewandel hin. "Wir erleben, wie religiöse Gleichgültigkeit und ein neuer kämpferischer Atheismus um sich greifen", sagte der Bischof. Werte, die die Gesellschaft bisher getragen hätten, seien in Gefahr zu verschwinden. Die Gläubigen sollten jedoch nicht den Mut verlieren, die großen Herausforderungen der Kirche mit Gottvertrauen anzugehen.



Bischof Heinz Josef Algermissen aus Fulda betonte in seiner Predigt, dass der Rückgang der Teilnehmer an den Sonntagsmessen die Kirche in ihrem Kern mehr treffe, als viele bisher vermutet hätten. "Die Teilnahme an er sonntäglichen Feier der Eucharistie ist ein feiner Gradmesser für die sonstige Teilnahme am kirchlichen Leben", sagte der Bischof.



Kardinal Marx mahnt Kirche zu Einheit und Konzentration auf Jesus Christus

Angesichts der Diskussion um den künftigen Glaubensweg der katholischen Kirche in Deutschland hat Kardinal Reinhard Marx zur Einheit und zur Konzentration auf das Zentrum des christlichen Glaubens aufgerufen. "Christus muss in den Mittelpunkt gestellt werden. Wir werden unsere Identität wieder finden, wenn uns das gelingt", sagte der Erzbischof von München und Freising beim Fronleichnamsgottesdienst am 23. Juni vor mehreren tausend Gläubigen auf dem Münchner Marienplatz. "Wenn wir dagegen die Hoffnungslosigkeit der Welt durch unsere eigene Ratlosigkeit verdoppeln, dann hat die Kirche ihren Sinn verloren", warnte Marx. Kirche müsse das Sakrament der Hoffnung für alle Menschen sein und so auch ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten.



Die heftigen Debatten der vergangenen Monate etwa über die Zukunft Europas, die Energiewende, den Schutz des Lebens und die Präimplantationsdiagnostik zeigten ebenso eine breite Ratlosigkeit wie die Diskussion um die Kirche selbst: "Wer sind wir als Kirche? Wofür stehen wir? Was ist es was uns zusammenhält?", fragte der Kardinal. Vor diesem Hintergrund sei es gerade am Fronleichnamstag wichtig, "dass wir uns treffen und die Vielschichtigkeit unserer Identität freilegen". Marx warnte ausdrücklich vor den "großen Vereinfachern", Kirche sei gerufen "Sakrament der Einheit" zu sein. "Wir müssen endlich wieder zu dem Punkt kommen, dass wir alle in der Vielfalt der Kirche sagen: Wir können nicht leben ohne ihn, ohne das Wort, ohne Christus selbst", forderte der Erzbischof: "Jeder möge sich prüfen, wenn er große Vorschläge macht, wenn er gegen andere spricht, ob er hungrig ist nach dem Wort Gottes, das eine Person ist: Jesus Christus." Schon der Apostel Paulus habe gemahnt, dass es Aufgabe der Kirche sei, ein Leib zu werden: "Nur so finden wir den Weg in unsere Sendung hinein."



Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck: Fronleichnam ist Provokation

Für Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck ist Fronleichnam nicht nur "eine Demonstration der Gegenwart Gottes für alle Menschen". "Die Prozession mit dem Allerheiligsten ist auch eine Provokation für uns Katholiken, uns ganz von Gott her für die Welt zu verstehen und zugleich eine Provokation für alle Menschen, dass Gottes Gegenwart überall ist", betonte er in seiner Predigt.



"Die Eucharistie, die wir heute feiern und die Monstranz mit dem Leib Christi, die wir durch die Stadt tragen zeigen", so Overbeck, dass Glaube und Vernunft nicht teilbar seien. Der Glaube bezeuge, dass Gott größer sei als all unser Denken und darum auch Wandlungskräfte über das Maß menschlicher Vorstellung hinaus besitze. Die Vernunft lehre, mit dem Möglichkeiten des Menschseins, des Denkens und Handelns bescheiden zu sein und dem Glauben Größe zuzubilligen. Dies sei auch für die Kirche gerade mit Blick auf den im Ruhrbistum begonnenen Dialogprozess wichtig. "Alles, was wir denken, sagen und glauben, hat sich dem Geheimnis der Gegenwart Christi für Kirche und Welt zu stellen. Das ist das kritische Maß für alles, was wir gemeinsam tun und auch zum Wohl des Bistums entscheiden werden."



Zu den "großen Gefährdungen vieler Menschen" gehöre es, dass sie unfähig seien, sich mit dem Unvollkommenen der menschlichen Dinge anzufreunden, sagte der Bischof. Ein zwar oft verständliches aber gefährliches Verlangen nach absolutem Glück, könne der Feind des Guten im Alltäglichen sein. Ein Zeichen dafür sei, dass viele den Strukturen dieser Welt, auch der Kirche, mehr zuzutrauen scheinen, als der Ethik, der Moral und der Haltung des Menschen. Overbeck: "Als Kirche zeigt uns dies, dass wir uns auf einer neuen Wegetappe unserer Geschichte durch die Zeiten befinden, die neu von einer inneren Verbundenheit mit Gott und so mit den Menschen zu kennzeichnen ist.



Was immer wir an sinnvollen Strukturen entwickeln, sie müssen immer getragen und gefüllt werden von einem gesunden geistlichen Kern der Gottesbeziehung und Menschenzuneigung." Es müsse immer wieder um den lebendigen Gott in Christus gehen, um ein Hören auf ihn und zugleich um das Bewusstsein, ihn zu den Menschen und in die Welt zu tragen, um das nötige Gerüst zu bauen, dass für die Kirche und für die Präsenz der Christen in der Gesellschaft notwendig sei. Overbeck: "Das Ethos, die Haltung, das Geistige ist das Tragende, die Strukturen sind das Brüchige." Dies sei in der Kirche ebenso immer erfahrbar wie in der Welt. "Alles Unvollkommene ruft nach dem Beständigen, nach Gott, der trägt und stützt. In der Eucharistie, die uns wandlungsfähig macht, ist Gott präsent."



Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst: "Ein katholisches Fest mit allen Sinnen"

Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst sagte in seiner Predigt auf dem Kornmarkt: "Das ist Fronleichnam: ein katholisches Fest mit allen Sinnen, damit wir ganz ergriffen werden von der Liebe Christi." Fronleichnam zeige eine innere Überzeugung der Gläubigen - Christus ist gegenwärtig im gewandelten Brot.



Die Liebe zu Christus drücke sich in der Freude am Schönen aus und der Glaube bekunde sich in der Freiheit zur Feierlichkeit. Fahnen, Weihrauch, Klingeln, Kerzen und Gebetshaltungen, wie etwa Knien, seien äußere Handlungen, die eine innere Einstellung zeigen. "Glaube braucht Gestalt, damit er Menschen von innen her formen kann. Gebete brauchen Gebärden, damit der Leib die Seele spürt. Das ist Liturgie: Beten mit dem ganzen Körper, damit das Herz in Bewegung kommt", sagte Bischof Tebartz-van Elst.  



In der Monstranz sehe der Gläubige die Zuwendung Gottes zu den Menschen, die sich in Christus verwirklicht habe. "Wo der Mensch sich von Gott im Gebet anschauen lässt, gewinnt er Ansehen. Fronleichnam ist Ausdruck eines Glaubens, der die ganze Welt in das Angesicht Gottes rückt." In der Verehrung Gottes offenbare sich die gegenseitige Wertschätzung der Menschen. Fronleichnam zeige, dass die Ehrfurcht vor Gott, die Quelle des Respekts voreinander sei. "Was wir feiern und wie wir feiern, zeigt, wie sehr unsere Welt Christus braucht. Deshalb tragen wir ihn durch unsere Stadt."



Fürst: Glaube schützt vor Ideologie

Der christliche Glaube schützt nach Überzeugung des Rottenburg-Stuttgarter Bischofs Gebhard Fürst vor Ideologien. Anders als manche Versprechungen "unserer grellen Moderne", die oft sehr schnell in sich zusammenbrächen, sei der Glaube an Christus ein "tragender Grund menschlicher Existenz", sagte Fürst an Fronleichnam im Rottenburger Dom.



Der Bischof erinnerte an seinen Amtsvorgänger Joannes Baptista Sproll (1870-1949), der sich als "mutiger Glaubenszeuge" gegen das Terrorregime der Nationalsozialisten gewandt habe. "An diesem Glaubenszeugen können wir lernen, wie sehr der Glaube an den Gott des Lebens stark machen kann für ein Aufstehen gegen Terror und Unrecht", so Fürst.



In Bamberg betonte Erzbischof Ludwig Schick, christliches Leben und Denken gehörten in die Öffentlichkeit. Wie kein zweites Fest zeige Fronleichnam, dass das Christentum sich nicht in die Sakristei zurückziehen dürfe. Die Christen müssten sichtbar sein und angesichts ihrer Institutionen wie Kindergärten, Schulen und karitativen Einrichtungen mitwirken dürfen.



Der Passauer Bischof Wilhelm Schraml rief die Gläubigen auf, sich für das Leben einzusetzen. In der Gesellschaft drohe der Konsens über das Bild vom Menschen zu zerbrechen. Dies zeigten die Debatten in den vergangenen Monaten zu Würde, Lebensrecht und Schutz des Menschen am Beginn und Ende seines Lebens. Christen dürfe das nicht gleichgültig sein.