EU-Präsidenten treffen Religionsführer

Religionsfreiheit im Mittelpunkt

Die Veränderungen in der arabischen Welt sind für die europäischen Religionsführer ein Zeichen der Hoffnung - aber auch der Sorge. Beim alljährlichen Treffen mit den Spitzen der EU-Institutionen am Montag in Brüssel wurde deutlich, dass die EU-Repräsentanten bereit sind, für die Religionsfreiheit in der arabischen Welt einzutreten.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

So berichtete EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, er und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hätten die Lage der Kopten in Ägypten mit dem ägyptischen Ministerpräsidenten Esram Scharaf am Rande des G8-Treffens in Deauville in der vergangenen Woche erörtert. Van Rompuy forderte, die EU solle dabei helfen, Extremismus und Terrorismus in den nordafrikanischen Ländern einzudämmen. In seinen Augen kann das geschehen, indem die Union etwa den Aufbau der neuen staatlichen Institutionen unterstützt, gesellschaftliche Gruppen in den jeweiligen Ländern stärkt und zudem die Stabilisierung der Wirtschaft fördert.



Barroso unterstrich, die EU könne als Modell der regionalen Integration den Ländern Nordafrikas ein Beispiel geben - wobei die EU sich selbst nach der Einhaltung der Werte von Toleranz und Respekt befragen müsse. Die Hilfe für Nordafrika, so der EU-Kommissionspräsident, sei auch eine Frage der Werte der EU: Die Staatengemeinschaft müsse an der Seite derer stehen, die politische Freiheit und soziale Gerechtigkeit erstrebten.



Münchens Kardinal Reinhard Marx hob hervor, eine Demokratie könne nur dann funktionieren, wenn sie die Religionsfreiheit respektiere. Hier gebe es noch Sorgen, in welche Richtung sich die Gesellschaften in Nordafrika entwickeln würden. Die Nachbarstaaten Europas bräuchten das Engagement eines Kontinents, der darum wisse, welchen Beitrag Religionen zur Selbstbegrenzung der Macht leisteten.



Auch Präses Schneider dabei

Alle drei EU-Präsidenten erklärten ihrerseits, sie wüssten um den Wert der Kirchen und Glaubensgemeinschaften als Inspirationsquelle für ihre Arbeit. Van Rompuy sagte, Werte könnten nicht überleben, wenn sie nicht geistliche oder ethische Impulse erhielten. Europaparlaments-Präsident Jerzy Buzek erinnerte an die Rolle der Kirchen für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaften. Barroso würdigte ausdrücklich das soziale Engagement religiöser Gruppen - gerade in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise.



Es war das zweite Mal, dass die Religionsführer und die EU-Spitzen zusammentrafen, nachdem der Vertrag von Lissabon die EU auf eine neue rechtliche Grundlage stellte. Der Vertrag erkennt ausdrücklich die Rolle der Kirchen, Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen Gruppen in der EU an.



Rund 20 Religionsführer nahmen in diesem Jahr teil. Dabei waren Anglikaner, Protestanten - etwa der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider -, und die orthodoxen Kirchen ebenso wie die katholische Kirche - vertreten etwa durch den Präsidenten der EU-Bischofskommission COMECE, Rotterdams ehemaliger Bischof Adrianus van Luyn. Ebenso nahmen hochrangige Vertreter des Islam, des Judentums und des Buddhismus in Europa teil.



"Offen, transparent, regelmäßig"

Mit dem Vertrag von Lissabon gibt es auch eine förmliche Begründung für das Treffen auf höchster Ebene, wie es am Montag in Brüssel stattfand: Die EU pflege mit den Kirchen und Gemeinschaften "in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags" einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog, heißt es im Vertrag.  Ebenso wichtig wie die alljährliche Begegnung auf höchster Ebene ist den Kirchen allerdings, auch im Brüsseler Alltagsgeschäft gehört zu werden.



Noch nicht mit allen EU-Institutionen gibt es dafür die nötigen Strukturen. Regelmäßige Kontakte bestehen beispielsweise zwischen den Kirchen und der EU-Kommission. Etwas anders ist es beim Europaparlament, wo nicht zwangsläufig Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften in die Gesetzgebung einbezogen sind. Für den Nachmittag plante Europaparlaments-Präsident Buzek denn auch ein eigenes Treffen mit den Religionsführern, um mit ihnen über die Umsetzung des Vertragsartikels zu sprechen.