Der Bundestag befragt Experten zur Gentests an Embryonen

PID auf dem Prüfstand

Die künftige Regelung von Gentests an Embryonen beschäftigt erneut den Bundestag: Angesichts der Debatte um den Ausstieg aus der Kernenergie ist das Thema etwas in den Hintergrund geraten. Dabei ist die Entscheidung über die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik inzwischen umstrittener.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Mitte April hatten die Parlamentarier in Erster Lesung über drei Anträge beraten. Am Mittwochnachmittag (25.05.2011) wollen die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Bundestages Fachleute über ethische, rechtliche und medizinische Auswirkungen einer begrenzten Zulassung oder eines Verbots der PID befragen. Voraussichtlich drei Stunden sollen zehn Sachverständige Rede und Antwort stehen.



Die PID wirft schwierige Fragen auf. Denn bei ihr untersuchen Mediziner im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf genetische Schäden und verwerfen sie gegebenenfalls. Darf es ein Recht auf eine derartige Verfügungsgewalt über menschliches Leben geben und inwieweit wäre dies mit dem im Grundgesetz vereinbar? Die drei Gesetzesentwürfe vertreten hierzu unterschiedliche Positionen. Sie stammen von Parlamentariergruppen, die sich nicht an der Partei- beziehungsweise Fraktionszugehörigkeit orientieren.



Der Gesetzentwurf, der für eine weitestgehende Zulassung der PID eintritt, konnte mit 215 Unterschriften bislang die höchste Zustimmung erzielen. Er will die PID für Paare mit einer "schwerwiegenden Erbkrankheit" erlauben, oder wenn sie eine schwerwiegende Schädigung des Embryos befürchten, "die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird".



192 Abgeordnete für Verbot

Ein striktes Verbot unterstützen bisher 192 Abgeordnete. Sie sehen in der PID eine Selektion menschlichen Lebens nach Qualitätskriterien, die dem Lebensrecht widerspricht. Diese Haltung teilen auch die katholische und weite Teile der evangelischen Kirche.



Der dritte Gesetzentwurf konnte bislang nur 36 Unterschriften auf sich vereinigen. Er will die PID auf Paare beschränken, bei denen eine erbliche Belastung "mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schädigung des Embryos, Fötus oder Kindes zur Folge hat, die zur Tot- oder Fehlgeburt oder zum Tod im ersten Lebensjahr führen kann".



Die erste Gruppe hat den Bonner Rechtswissenschaftler Matthias Herdegen als Sachverständigen berufen. Als weitere PID-Befürworter werden der Lübecker Gynäkologe Klaus Dietrich und der Berliner evangelische Theologe Richard Schröder auftreten. Die Gegenposition, nämlich ein vollständiges Verbot, vertreten der ehemalige Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, der vor einem "Epochenbruch" gegenüber dem bisherigen Verständnis der Menschenwürde warnt, sowie der frühere evangelische Berliner Bischof Wolfgang Huber. Er gehört wie weitere Experten dem Deutschen Ethikrat an.



Gespaltener Ethikrat

Der Ethikrat hatte bereits im Frühjahr eine detaillierte Stellungnahme herausgegeben - und ist seinerseits bei dem Thema gespalten. So rechtfertigt die Münsteraner Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert, die auch zu der Anhörung geladen wurde, eine begrenzte Zulassung der Methode. Die Hamburger Bioethikerin Regine Kollek und der Freiburger Autor und Behindertenaktivist Peter Radtke hingegen lehnen die Methode ab und werden ihren Standpunkte ebenfalls vor dem Gesundheitsausschuss zu Gehör bringen.



Die dritte Gruppe, die einen Mittelweg zwischen einem Verbot und einer weitergehenden Zulassung favorisiert, benannte die Oldenburger Sozialwissenschaftlerin Sigrid Graumann als Sachverständige. Sie gilt allerdings als Verbotsbefürworterin; ebenso steht die andere von dieser Gruppe benannte Fachfrau, die Frankfurter katholische Moraltheologin Hille Haker, einer Einführung der PID sehr kritisch gegenüber.



Der Gesundheitsausschuss will das Thema wahrscheinlich am 29. Juni abschließend beraten. Nach bisheriger Planung würde der Bundestag dann am Donnerstag, den 7. Juli, also in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, abschließend debattieren und dann ein Gesetz verabschieden.