Hilfswerk führt Druck auf Katholiken in China auf Papstrede zurück

"Ja, das ist eine Reaktion"

Vor dem Gedenktag für die Katholiken in China bestätigte Peking mal wieder das Bild eines Regimes, das keine Religionsfreiheit gewährt: Geistliche wurde verhaftet und an einer Wallfahrt gehindert. Für das christliche Hilfswerk "Open Doors" klar eine Reaktion auf die Rede des Papstes vergangene Woche.

Der 24. Mai ist Gedenktag für die Katholiken in China  (KNA)
Der 24. Mai ist Gedenktag für die Katholiken in China / ( KNA )

domradio.de: Sind die jüngsten staatlichen Repressionen gegen Geistliche auch auf die Äußerungen des Papstes zurückzuführen?

Daniel Ottenberg: In China haben wir schon seit vielen Jahren eine Trennung zwischen staatlich anerkannten Kirchen und nicht staatlich anerkannten Kirchen, und zwischen Kirchen, die sich der offiziellen chinesischen Lesart anschließen und denen, die das nicht tun; und insbesondere die katholische Kirche hat da ein Problem, weil sie einen ausländischen Führer hat, den Papst. Und der hat sich eben sehr deutlich geäußert. Und die Chinesen haben ja auch sehr empört darauf reagiert. Es gab ja sofort eine Stellungnahme, dass die Religionsfreiheit in China ganz wunderbar sei, was man durchaus mit guten Gründen bezweifeln kann. Und deswegen würde ich schon sagen: Ja, das ist eine Reaktion auf die Rede des Papstes.



domradio.de: Heißt das, dass die chinesische Regierung tatsächlich sehr aufmerksam verfolgt, was im Vatikan passiert?

Ottenberg: Die chinesische Regierung verfolgt generell sehr aufmerksam, was im Ausland passiert und wie sie im Ausland auch angesehen wird. Wobei man schon sagen muss, dass die chinesische Regierung in letzter Zeit sehr stark ihre Unabhängigkeit sucht, also beweisen will, dass sie nicht auf andere schaut - wenn man jetzt insbesondere auf die Verhaftungswelle schaut, auch die des Künstlers Ai Weiwei oder aber auch auf die Situation in einer protestantischen Kirche in Peking, wo seit sieben Wochen verhindert wird, Gottesdienst zu feiern.



domradio.de: Wie hat sich die Lage der Christen in China ihrer Meinung nach in den vergangenen Monaten entwickelt, wo Peking sehr nervös auf die Aufstände schaut, die in nordafrikanischen Staaten wie Ägypten oder Tunesien zum Umbruch geführt haben?

Ottenberg: Wir haben schon den Eindruck, dass die Zügel angezogen werden durch die chinesische Regierung. Zurück zum Beispiel der protestantischen Kirche in Peking, die von ihrem Vermieter auf einmal gesagt bekommen hat "Ihr könnt hier nicht bleiben". Und dann stand die Kirche mit über 1.000 Mitgliedern auf einmal auf der Straße, die dann sich auf die Religionsfreiheit in der Verfassung berufend auf der Straße ihren Glauben gefeiert haben; nun ist die chinesische Regierung sehr ängstlich, was Straßenversammlungen angeht, und verhinderte die Gottesdienste. Wir bekommen seitdem jede Woche Meldungen über Christen, die verhaftet wurden, die meisten werden nach einigen Tagen wieder entlassen, aber es ist so eine Art Machtprobe.



domradio.de: Was müsste passieren, damit sich die Situation entspannt - und ist eine solche Entspannung in Sichtweite?

Ottenberg: Eine gute Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Man muss die Situation immer wieder ansprechen. Zum Beispiel können die Hörer von domradio.de an die chinesische Botschaft schreiben und ihrer Sorge um die Wallfahrt oder die Kirche Ausdruck verleihen. Genauso können Politiker, die nach China reisen oder hier mit der Botschaft zu tun haben, diese Probleme ansprechen. Das Zweite ist, dass man die chinesischen Christen vor Ort auch unterstützen kann, sowohl materiell als auch durch Gebete - genau darum bitten die Christen in den Ländern: Bitte betet für uns, denkt an uns, es ist wichtig, dass wir Teil der weltweiten Kirche sind.



Das Gespräch führte Aurelia Plieschke.