BDKJ kritisiert Versäumnisse der Regierung beim Freiwilligendienst

"Jeder muss seine Hausaufgaben machen"

Anfang der Woche startete die Bundesregierung ihre Werbekampagne für den Freiwilligendienst. Zu spät, kritisiert der Bund der Deutschen Katholischen Jugend. Im Interview mit domradio.de spricht der Kölner BDKJ-Diözesanpräses Dirk Bingener über den holprigen Start des Zivildienst-Nachfolgers.

 (DR)

domradio.de: Sie kritisieren, dass die Rahmenbedingungen noch nicht stehen, für den Bundesfreiwilligendienst. Was meinen Sie damit?

Bingener: Wir machen seit 50 Jahren Freiwilliges Soziales Jahr. Und den Bundesfreiwilligendienst (BDF) wollen wir auch machen. Aber was an Rahmenbedingungen fehlt, ist, dass die Einsatzstellen - also Krankenhäuser, Altenheime, Jugendeinrichtungen - nun wissen wollen, was sie der Bundesfreiwilligendienst kostet. Dadurch, dass es hier noch keine Ausführungsbestimmungen gibt, das Gesetz besteht - aber wichtig ist bei Verträgen ja immer das Kleingedruckte. Diese Bedingungen fehlen einfach noch. Und deswegen weiß keiner genau, was es kosten wird. Ein Beispiel für unseren Verein: Wir verantworten die Bildungsarbeit, Jugendliche werden im Grund genommen in ihrem Dienst auch gebildet - ob sie jetzt 150 oder 200 Euro bekommen, heißt für uns bei 500 Freiwilligen mal 12 Monate, ob sie 300.000 Euro haben oder nicht. Wir wollen das Geld nicht verdienen, sondern für eine vernünftige Begleitung ausgeben. Nur das muss die Bundesregierung endlich festlegen. Wir warten hier seit Monaten darauf, um auch den Einsatzstellen im Erzbistum sagen zu können, was der Bundesfreiwilligendienstler oder der FSJler kostet.



domradio.de: Warum ist die Regierung hier so langsam?

Bingener: Das ist schwer zu sagen. Aber noch ein anderes Beispiel: Es ist so, dass es im Bundesfreiwilligendienst erst kein Kindergeld geben sollte. Jetzt soll es auf einmal doch Kindergeld geben. Die Höhe ist aber unklar. Und es soll noch auf das Taschengeld angerechnet werden. Das scheinen komplizierte Dinge zu sein, die da berechnet werden müssen. Und die Frage können am Ende nur die Verantwortlichen beantworten. Jeder muss seine Hausaufgaben machen. Wir begleiten Jugendliche vernünftig und machen starke Werbung für den Bundesfreiwilligendienst. Und es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen herzustellen.



domradio.de: Am Ende trifft es ja meistens diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Was ist denn, wenn die Stellen, mit denen bislang Zivildienstleistende betraut waren, wie etwa in der Altenpflege, durch den Bundesfreiwilligendienst nicht besetzt werden können?

Bingener: Die finanziellen Fragen sind das eine Problem. Das andere ist, dass wir alle zusammenhalten müssen und gemeinsam dafür sorgen müssen, dass viele Freiwillige ins FSJ kommen und auch in den Bundesfreiwilligendienst. Das ist das Traurige daran. Da merkt man aber, welche Konsequenzen es hat, wenn Politik hier nicht wirkliche Rahmenbedingungen vorgibt.



domradio.de: Die Bundesfamilienministerin hofft, dass Viele in den Freiwilligendienst kommen. Was glauben Sie?

Bingener: Bei uns sieht es zurzeit so aus: Wir haben bisher immer 400 FSJler gehabt. Wir hatten mit 700, 800 BFDlern und FSJlern gerechnet. Zurzeit sehen die Zahlen bescheidener aus. Wir kritisieren auch, dass die Kampagne zum BDF am 15. Mai begonnen hat - der Dienst beginnt aber am 1. Juli. Bei uns ist es so, dass die Jugendlichen im Januar, Februar, März überlegen, was mache ich denn nach meinem Abitur oder nach meiner Ausbildung. Auch hier ist die Bundesregierung zu spät.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti.