ZdK-Präsident Alois Glück zum Reformdialog in der Kirche

"Ich bin Optimist"

Am Freitag beginnt in Erfurt die Frühjahrsvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Ein wichtiger Bestandteil der Tagesordnung ist der von den deutschen Bischöfen angestoßene Dialogprozess über die Zukunft der Kirche. Im Interview äußert sich ZdK-Präsident Alois Glück zum Stand der Initiative.

 (DR)

KNA: Herr Glück, die erste Frage geht an den passionierten Bergsportler. In welchen Schwierigkeitsgrad auf der bis 11 reichenden Skala würden Sie den Dialogprozess über die Zukunft der Kirche in Deutschland einordnen?

Glück: In der gegenwärtigen Situation sind zweifellos größere Herausforderungen zu meistern, also kämen in meinen Augen die Stufen 5 bis 6 in Betracht...



KNA: ... was die Bewältigung technisch anspruchsvoller Passagen auch an ausgesetzten Stellen beinhaltet. Wo liegen für Sie die Stolpersteine?

Glück: Wir brauchen zuallererst eine offene Gesprächsatmosphäre, in der wir Kritiker nicht von vornherein ausgrenzen, indem wir ihnen etwa die Verortung im Glauben und in der Kirche absprechen. Zugleich müssen wir uns auf die gemeinsamen Grundlagen besinnen, auf die Kernaufgabe der Kirche. Und das ist die Verkündigung der Frohen Botschaft. Die konkreten Themen schließlich sollten die Wegmarken des Zweiten Vatikanischen Konzils berücksichtigen sowie die Erfahrungen, die in den vergangenen Jahrzehnten gemacht wurden.



KNA: Auswärtigen Beobachtern drängt sich bisweilen der Eindruck auf, Bischöfe und Laien seien in unterschiedlichen Seilschaften unterwegs.

Glück: Dieser Eindruck ist falsch. Es gibt sowohl unter den Bischöfen als auch unter den Laien eine Gruppe von Bewahrern und solche, die einen neuen Aufbruch wagen wollen, um einmal das Motto des Katholikentags 2012 in Mannheim zu zitieren. Beides ist wichtig. Es braucht den Schutz von Traditionen aber auch den Mut, nach vorn zu gehen. Dabei will das ZdK mitwirken.



KNA: Welche Zwischenetappe haben Sie bis jetzt erreicht?

Glück: Wir befinden uns noch am Anfang der Gespräche. Bislang ist mein Eindruck, dass die Zusammenarbeit zwischen Bischöfen und Laien auf unserer Ebene insgesamt sehr gut funktioniert. Aber sie darf sich nicht auf die Ebene von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee beschränken. Es wäre tragisch, wenn der Dialog zu einer Art Selbstbespiegelung würde. Wir müssen dafür sorgen, dass die Inhalte auch in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert werden.



KNA: Welche Rolle spielt vor diesem Hintergrund die Frühjahrsvollversammlung des ZdK Ende der Woche in Erfurt?

Glück: Hier wollen wir Themen aufgreifen, die uns wichtig sind. Etwa die Rolle der Frauen in der Kirche. Aber wir wollen auch zeigen, dass wir die Herausforderungen der Zeit annehmen und aus katholischer Sicht begleiten. Ich nenne als Beispiel die Veränderungen in der Arbeitswelt oder die Diskussion um eine neue Ausrichtung unserer Energieversorgung.



KNA: Das alles zeugt von hohen Erwartungen an die Kirche. Welche Ziele erschienen Ihnen zum Abschluss des auf drei Jahren angelegten Dialogprozesses realistisch?

Glück: Ich halte wenig davon, schon am Anfang einer solchen Initiative ein Ergebnis zu beschreiben. Sicher ist aber, dass bereits jetzt eine gewisse Eigendynamik spürbar ist. Dinge, die teilweise jahrzehntelang tabuisiert wurden, können jetzt nicht mehr verdrängt werden. Sicher ist auch, dass in drei Jahren nicht alle Debatten abgeschlossen sind. Aber bis dahin wird zumindest eine allgemeine Tendenz erkennbar sein: Kommt es wirklich zu einem neuen Aufbruch oder gibt es neue Enttäuschungen, die eine Abwendung von der Kirche beschleunigen?



KNA: Was halten Sie für wahrscheinlicher?

Glück: Beides ist momentan denkbar. Aber ich gehöre zu den Optimisten. Also: Aufbruch.



Interview: Joachim Heinz