Bundesärztekammer zur Suizidbeihilfe

Klares Nein

Im Streit um ärztliche Beihilfe zum Suizid will die Bundesärztekammer ein klares Signal setzen: Sie veröffentlichte auf ihrer Homepage den Entwurf für eine Neufassung der ärztlichen Berufsordnung. Eine Beteiligung von Ärzten an der Selbsttötung von Patienten wird darin klar und ausdrücklich abgelehnt.

Autor/in:
Christoph Arens
Entwurf für eine Neufassung der ärztlichen Berufsordnung (DR)
Entwurf für eine Neufassung der ärztlichen Berufsordnung / ( DR )

"Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten", heißt es in dem Entwurf des BÄK-Vorstands vom Dienstag, der allerdings Ende Mai vom Deutschen Ärztetag in Kiel gebilligt werden muss. In der gegenwärtig geltenden Berufsordnung ist ein ausdrückliches Verbot der ärztlichen Suizidbegleitung nicht enthalten. Allerdings wurde das darin enthaltene Verbot für Ärzte, das Leben Sterbender aktiv zu verkürzen, immer so interpretiert. Die Neufassung würde für mehr Klarheit sorgen.



In Kiel dürfte es über diese Formulierungen eine intensive Debatte geben. Immerhin ergab eine im vergangenen Sommer veröffentlichte Umfrage, dass sich mehr als ein Drittel der Ärzte in Deutschland vorstellen können, Patienten bei der Selbsttötung zu helfen. Prominente Ärzte wie der Notfallmediziner Michael de Ridder werben schon länger dafür, dass Ärzte ihren Patienten in Extremfällen beim Sterben helfen dürfen.



Breite Debatte

Öffentliche Aufmerksamkeit erhielt das Thema zuletzt vor allem durch die Sterbehilfeorganisation Dignitas, die Schwerstkranken einen ärztlich begleiteten Suizid in der Schweiz anbietet. Pläne des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch, über seinen Verein "Sterbe Hilfe Deutschland " Hilfe zur Selbsttötung anzubieten, lösten seit 2009 eine Debatte darüber aus, ob organisierte Beihilfe zum Suizid verboten werden sollte. Schon 2006 hatte der Deutsche Juristentag die Mediziner aufgefordert, eine ausnahmslose Missbilligung der Beihilfe zum Suizid zu überdenken - zumindest bei Patienten mit "unerträglichem, unheilbarem und mit palliativmedizinischen Mitteln nicht ausreichend zu linderndem Leiden".



Auch Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe, der in Kiel nach zwölf Jahren als Ärzte-Chef nicht wieder für dieses Amt antritt, hatte zwischenzeitlich einen weniger klaren Kurs verfochten. Zwar könne er selber es nicht mit seinem Berufsverständnis als Arzt in Einklang bringen, Beihilfe zur Selbsttötung zu leisten, sagte er. Es gebe aber Einzelfälle, in denen Mediziner die Beihilfe zum Suizid mit ihrem Gewissen vereinbaren könnten. "Wenn Ärzte moralisch mit sich im Reinen sind, brechen wir nicht den Stab über sie", so Hoppe.



Rechtlich verbindlich

Die Berufsordnung ist für alle Ärzte rechtlich verbindlich. Im Februar hatte die BÄK bereits ihre - rechtlich nicht verbindlichen, sondern der Orientierung der Mediziner dienenden - Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung reformiert und dabei mit Blick auf das Thema Suizidbeihilfe nach Meinung mancher Beobachter zu Missverständnissen eingeladen. Nach der Neufassung der Grundsätze ist eine Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung von Menschen "keine ärztliche Aufgabe". Die frühere Fassung der Grundsätze von 2004 hatte noch deutlicher hervorgehoben, dass eine Suizidbeihilfe dem ärztlichen Ethos widerspricht.



Kritiker werteten diese Formulierungen als Aufweichung. Die Ärztekammern von Westfalen-Lippe und Hessen warnten in der Folge vor einer Liberalisierung und kündigten für den Kieler Ärztetag Widerstand an. Gut möglich, dass diese klare Ansage der Anlass dafür war, in den Antrag zur Reform der Berufsordnung ein klares Nein zu einer ärztlichen Beihilfe beim Suizid zu schreiben.