Bischofskonferenz-Vorsitzender besucht Flüchtlingsinsel Lampedusa

Zeichen der Solidarität

Noch immer erreichen täglich Hunderte Migranten aus Nordafrika die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa. Vertreter der katholischen Kirche – wie zuletzt der Jesuiten Flüchtlingsdienst gegenüber domradio.de – kritisieren seit Beginn der Ströme den Umgang der EU-Länder mit dem Thema. Nun machte sich ein Kardinal ein Bild vor Ort.

 (DR)

Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, ruft sein Land und die EU zu einer langfristig angelegten Flüchtlingspolitik auf. "Neuartige Ausnahmesituationen und nicht vorhersehbare Zeiten" erforderten eine weitsichtigere und wirksamere Antwort, sagte Bagnasco am Mittwoch bei einem Besuch auf der Mittelmeerinsel Lampedusa. Europa und Italien dürften die Insel "nicht vergessen". Im Umgang mit Flüchtlingen müsse sich Europa an seinen eigenen Maßstäben messen lassen.



Bei einem Gottesdienst in der Pfarrkirche von Lampedusa dankte Bagnasco der Bevölkerung der Insel zugleich für ihre "einfache und herzliche" Aufnahme von Flüchtlingen. Ihre konkreten Gesten seien ein Beispiel für alle, "besonders für jene, die viel reden und wenig tun", so der Kardinal.



Bagnasco besuchte die Insel, um sich persönlich über die Lage der Flüchtlinge und der Bevölkerung zu informieren. Am Mittag traf er mit Vertretern der staatlichen Sicherheitskräfte und mit freiwilligen Helfern zusammen. Anschließend wollte er das Aufnahmelager besuchen, in dem sich derzeit 250 Migranten befinden. Auch eine Besichtigung der Ankunftsorte der Flüchtlingsschiffe stand auf dem Programm. An dem Boot, das Anfang Mai an einem Felsen vor der Insel havarierte, wollte Bagnasco einen Blumenkranz niederlegen. Rund 530 Passagiere konnten gerettet werden; mindestens 3 ertranken.



Begleitet wird Bagnasco vom Vorsitzenden der Sizilianischen Bischofskonferenz, Kardinal Paolo Romeo, sowie vom für Lampedusa zuständigen Erzbischof von Agrigent, Francesco Montenegro. Auf der zwischen Tunesiens Küste und Sizilien gelegenen Insel kamen seit Beginn der Unruhen in Nordafrika zu Jahresbeginn mehr als 30.000 Flüchtlinge und Migranten an.



Bislang kamen mehr als 30.000 Flüchtlinge

Unterdessen bezeichnete der Pfarrvikar der Inselgemeinde, Vincente Mwagala, die Situation als entspannt. Es herrsche kein Notstand wie noch vor wenigen Wochen. Die Verlegung der eintreffenden Migranten nach Sizilien und Süditalien funktioniere inzwischen.



Nach Mwagalas Angaben befinden sich derzeit rund 400 Flüchtlinge und Migranten im Aufnahmezentrum der Insel; am Samstag seien es nach Landungen weiterer Boote noch 1.700 gewesen. Besorgt zeigte sich der Geistliche über den Einbruch der Touristenzahlen. Im Vergleich zu den Vorjahren hätten deutlich weniger Besucher einen Urlaub auf Lampedusa gebucht.



Die nur etwa 20 Quadratkilometer große Insel zwischen Tunesien und Sizilien mit knapp 5.000 Einwohnern hängt stark vom Tourismus ab. Seit dem Beginn der Unruhen in Nordafrika im Januar kamen mehr als 30.000 Flüchtlinge und Migranten auf Lampedusa an.